Baustelle als Kunstwerk
Als wäre es ein Werk von Christo
Münster-Amelsbüren
Es ist ein ungewöhnliches Fotomotiv am Kanal: auf der Venner Moor Brücke haben die Brückenbauer jede Menge zu tun mit dem Neubau. Keiner kann ihnen derzeit dabei zugucken, denn sie arbeiten komplett hinter weißen Stoffbahnen. Die Baustelle ist kreativ verhüllt. Wer die beiden perfekt im Halbkreis geschwungenen Linien hinter einer grünen Wiese aufleuchten sieht, mag an das Federkleid eines überdimensionierten Weißschwans denken. Und an Christo.
Ist das die kleine Kunstsensation, die sich der Verpackungskünstler Christo noch gönnt, bevor er im kommenden Jahr den Arc de Triomphe in Paris verhüllen wird? Am südlichsten Zipfel Münsters am Kappenberger Damm sieht es fast so aus, als habe der 83-jährige Künstler selbst Hand gelegt.
Tatsächlich wird hier bereits seit Monaten ein neues Brückenbauwerk gebaut. Auf den großen und bebilderten Bauschildern ist per Computeranimation sehr anschaulich dargestellt, wie die Stahlbogenbrücke in strahlendem Blau einmal aussehen wird. Doch im Original hat es noch niemand gesehen, da es komplett hinter weißen Stoffbahnen verhüllt ist. Wer die beiden perfekt im Halbkreis geschwungenen Linien hinter einer grünen Wiese aufleuchten sieht, mag an das Federkleid eines überdimensionierten Weißschwans denken.
Weil das Ganze jedenfalls so ein besonderer Blickfang ist, wurde an der Baustelle Tempo 30 angeordnet. Man hat wohl zu Recht befürchtet, Autofahrer könnten zu sehr abgelenkt werden.
Die Brückenbauer haben die neue Brücke nicht aus Jux und Dollerei verhüllt. Auch nach einem Kunstwerk stand ihnen nicht der Sinn. Sie sprechen von einer „Einhausung“, was sich für die Ohren von Laien ein wenig nüchtern und technisch anhört. Genauso wie andere Fachbegriffe auch: „Widerlager“ zum Beispiel oder „Überbau“, „Stützweite“ oder „Gründung“.
Doch so kompliziert ist es gar nicht, wie Thomas Kuchta vom Wasserstraßenneubauamt Datteln erläutert. Nach den statischen Berechnungen stand fest, dass die Venner Moor Brücke „neu gegründet werden“ müsse. Neue, größere Widerlager aus Beton mussten beiderseits des Kanals gegossen werden, auf den der Überbau der Brücke aufliegt. Im Zuge der Kanalverbreiterung entstand ein größeres Bauwerk mit eine größeren Stützbreite.
Mit annähernd 90 Meter stellt die neue Venner Moor Brücke die Amelsbürener Brücke (72,20 Meter) und auch neuen Zwillingsbrücken für die Autobahn A1 (81,23 Meter) in den Schatten.
Da die Brücke seit Ende vergangenen Jahres an Ort und Stelle zusammengebaut wurde, musste eine „aufwendige Einhausung“ her. Eine so große Stahlkonstruktion lässt sich nicht jedem Wetter verschweißen. „Das geht nicht bei Wind“, sagt Kuchta. Gleiches gilt für die Beschichtungsarbeiten, mit denen von knapp zwei Wochen begonnen wurde.
Einige Wochen werden diese Arbeiten noch andauern, ehe ein besonderer Moment auf die Brückenbauer und viele Zaungäste wartet. Im Juni soll der Längsverschub des neuen Überbaus auf die Behelfswiderlager erfolgen. Aber erst zum Jahres Ende 2020 werden alle Bauarbeiten abgeschlossen ein. Es stehen der Abbruch der alten Brücke, die Herstellung der neuen Widerlager und der Querverschub des neuen Überbaus auf die neuen Widerlager an.
Noch eine Besonderheit ist für die Brücke eingeplant: Die Widerlager werden mit Graffiti künstlerisch gestaltet. Das wird ein Fall für einen Kollegen von Christo.
Daten zur neuen Brücke
Stabbogenbrücke mit StahlbetonverbundplatteStützweite: 88,86 MeterFahrbahnbreite: 8 Meter; Geh-/Radwegbreite: 1 x 2,50 Meter und 1 x 0,75 MeterBreite zwischen Geländern: 13,25 Meter2400 Kubikmeter Stahlbeton (Unterbauten/Überbau)670 Tonnen Stahlbetonkonstruktion inklusive Korrosionsschutz540 Großbohrpfähle mit einem Durchmesser von circa 1,5 MeterFertigstellung bis Ende 2020Baukosten: 10,975 Millionen EuroBeteiligung des Landes NRW: circa 50 Prozent
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