Stadtteilbüchereien nach leichtem Rückgang wieder im Aufwind
Die stillen Pandemie-Gewinner
Münster-Nord
Neuen Lesestoff oder andere Medien haben sich die Münsteraner in den vergangenen Jahren immer häufiger in den Stadtteilbüchereien ausgeliehen. Die Ausleihzahlen steigen – auch im digitalen Bereich.
Westfälisches Schmuddelwetter und andauernde Pandemie: gleich zwei gute Gründe, den Winter zu Hause mit einem guten Buch zu verbringen. Neuen Lesestoff oder andere Medien haben sich die Münsteraner in den vergangenen Jahren immer häufiger in den Stadtteilbüchereien ausgeliehen – trotz Konkurrenz durch Netflix und Co.
Die Zahl der Ausleihen analoger Medien in Münsters Norden ist – bis auf einen leichten Rückgang während des Lockdowns im Dezember 2020 – sogar in allen anderen Monaten gestiegen. Das zeigt auch ein Blick in die Bilanz: Die Gesamtausleihen der Stadtteilbücherei Coerde von Oktober bis Dezember 2019 betrugen 12 141; 2021 waren es bereits 13 185. Die Zahlen in Kinderhaus sehen ähnlich aus: 2019 wurden im selben Zeitraum 12 956 Ausleihen gezählt; 2021 waren es 13 978.
Steigende Ausleihzahl bei digitalen Angeboten
„Hinzu kommt die steigende Ausleihzahl von digitalen Angeboten“ erklärt Ute Kutschera vom Presseamt der Stadt. In diesem Bereich sei ein Anstieg von etwa 45 Prozent in den vergangenen drei Jahren zu verzeichnen. Angebote wie „muensterload.de“ – eine Art virtuelle Zweigstelle der Stadtbücherei – oder das Kinderbuchportal „TigerBooks“ würden kontinuierlich ausgebaut und immer stärker genutzt.
Während der Pandemie konnten die Stadtteilbüchereien im Norden zudem einige Trends im Ausleihverhalten festmachen. „Bei Erwachsenen geht der Trend zu den Do-it-yourself-Medien. Handarbeit, Malen, Basteln, Werken – da ist alles dabei“, erklärt Kutschera. Kurz danach kämen auf der Beliebtheitsskala vor allem Krimis und andere Romane, mit denen man auch mal in eine corona-freie Welt abtauchen könne. „Bei den Kindern werden alle Buchbereiche gut ausgeliehen“, sagt Kutschera. Beliebt seien auch Spiele, Filme und Hörspiele wie etwa die „Tonies“.
Vorsicht, um sich und andere zu schützen
Die variierenden – teils verwirrenden – Corona-Regelungen hätten die meisten Kundinnen und Kunden nicht von einem Besuch der Büchereien vor Ort abgehalten, so Kutschera. „Den Nachweis vorzubringen, ist bereits Routine.“ Aktuell ist – wie in allen Kultureinrichtungen der Stadt – der Zugang mit einem 2G-Nachweis möglich. Was einige vom Besuch vor Ort abhalte, seien weniger die Zutrittsbeschränkungen, sondern vielmehr die eigene Vorsicht, um sich und andere zu schützen.
Neue Konzepte und Fördermittelanträge
Vorsicht gilt auch auf Seiten der Mitarbeitenden der Stadtbüchereien. „Unsere Teams in den Büchereien arbeiten seit Beginn der Pandemie weiter, im besten Fall im Homeoffice“, erklärt Kutschera. „Natürlich fehlt den Kolleginnen und Kollegen das rege Treiben, die Veranstaltungen, Klassenführungen, der direkte Kontakt – eben all das, was die Büchereien für die Stadtteile attraktiv und wichtig macht.“ Doch die Zeit werde ebenso genutzt, um beispielsweise neue Konzepte zu entwickeln oder – weniger spannend, aber ebenso wichtig – Fördermittelanträge zu stellen.
Die neuen Konzepte, die pandemiebedingt oft im Internet stattfinden müssen, sind vielfältig. So veranstaltete die Stadtbücherei am Alten Steinweg in Verbindung mit den Stadtteilbüchereien etwa einen „Minecraft-Bauwettbewerb“ oder streamte Lesungen mit dem Theater „ex libris“ und dem Schauspieler Christoph Tiemann. Auf den Social-Media-Kanälen wurden außerdem neue Formate wie der „Netztipp des Tages“ oder die „Daily-Do-it-Challenge“ etabliert.
Kommerzfreie Orte
Dass die Konkurrenz im Netz durch Netflix, Amazon-Prime und Co. quasi überall lauert, ist für die Büchereien nicht neu. „Ob die Konkurrenz während der Pandemie noch einmal gestiegen ist, können wir nicht ausmachen“, sagt Kutschera. „Uns ist aber gerade in den Lockdown-Zeiten deutlich signalisiert worden, wie sehr die Stadtbücherei und die Stadtteilbüchereien fehlen.“ Die anhaltende Beliebtheit der Büchereien rühre auch daher, dass es sich dabei um kommerzfreie Orte handele. So ist beispielsweise das Jahresabo für Kinder kostenlos.
Startseite