Orgelmusik blinder Komponisten zum Abschluss der Orgelfestwochen
Intensive Konzentration und höchste Sensibilität
Münster-Hiltrup
Hans-Hermann Wickel ließ die Orgelfestwochen in St. Clemens mit „Orgelmusik blinder Komponistinnen und Komponisten“ ausklingen. Dabei erzählte er aus erster Hand, wie Sehbehinderte heute arbeiten können. Er selbst hat bei einem von ihnen gelernt.
Mit der „Orgelmusik blinder Komponistinnen und Komponisten“ endeten am Sonntag die Orgelfestwochen in Sankt Clemens.
Beim Lesen des Programms allein wäre man auf die eine Besonderheit der Musiker nicht gekommen, enthält es doch Namen geschätzter und viel gespielter Künstler: Louis Vierne, Jean Langlais, Maria Theresia von Paradis. Auch ihrer Musik ist dies nicht anzuhören.
Wohl aber gibt es besondere Lebensgeschichten, wie Hans-Hermann Wickel, Organist des Tages, einleitend erzählte. Viele erblindeten bereits als Kinder, am grauen Star, an Pocken oder durch ein Unglück. Sie machten dennoch ihren Weg, auch in hervorgehobene Positionen an königlichen Höfen, als Komponisten, Organisten und Lehrende.
Braille-Schrift der Noten
Bei einem von ihnen hat Wickel in Rouen gelernt, Louis Thiry, ein „begnadeter Musiker und Lehrer“. So konnte Wickel aus erster Hand erzählen, wie Sehbehinderte heute arbeiten können. Ein Lehrer liest parallel mit der einen Hand die Braille-Schrift der Noten, mit der anderen verfolgt er mit sanfter Berührung das Spiel der Finger des Schülers. Seit 1929 gibt es eine international festgelegte Blindennotenschrift.
Doch berühmte blinde Komponisten gab es lange vor der Erfindung Brailles im Jahre 1839. Bei der Krönung von Kaiser Maximilian I. im Jahre 1486 spielte ein blinder Organist, Arno Schlick. Wie dieser die Aufgaben bewältigt hätte, das wisse er nicht, so Wickel. Dennoch führte er eindrücklich in „eine Dimension intensiver Konzentration, außerordentlicher Wahrnehmungsfähigkeit und Sensibilität, die uns Sehenden in diesem Maße mit Sicherheit verschlossen bleibt“.
Ähnliches Konzert in der Friedenskirche
Für das Konzert hatte Wickel auch Werke von Antonio de Cabezón, Pablo Bruna und John Stanley ausgewählt. Seltener sind Werke blinder Komponistinnen für die Orgel. Zwar erfreut sich die „Sicilienne“, Maria Theresia von Paradis, auch heute einer gewissen Beliebtheit, und sie war zu ihrer Zeit eine gefeierte Musikerin, so Wickel, bekannt mit Mozart und Haydn, Dozentin in einem Blindeninstitut – aber „ihre Werke sind verschollen“.
Für Wickel war es nicht das erste öffentliche Konzert mit Musik blinder Komponisten. 2019 hatte er in der Friedenskirche mit deren Chor ein „Gesprächskonzert“ dazu veranstaltet – mit Kompositionen für die Orgel, aber auch anderer Stilrichtungen: Stevie Wonder steht dafür.
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