OVG hebt eine von zwei Baugenehmigungen auf
Dämpfer für Windkraft nahe Roxel
Münster-Roxel/Bösensell
Das Oberverwaltungsgericht hat eine von zwei erteilten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen in Bösensell aufgehoben. Ein Ehepaar, dessen Wohnhaus sich in 591 Meter Entfernung zur Anlage befindet, hatte gegen die Genehmigung geklagt.
Der beabsichtigte Ausbau von Windenergie auf Bösenseller Gebiet am Rande Roxels hat vor dem Oberverwaltungsgericht Münster einen Rückschlag erlitten: Der für das Immissionsschutzrecht zuständige 8. Senat hob die vom Kreis Coesfeld erteilte Baugenehmigung für eine der zwei südlich der Tilbecker Straße (L 843) geplanten Anlagen auf.
Ein Ehepaar, dessen Wohnhaus sich in 591 Metern Entfernung zum Standort der Anlage befindet, hatte gegen die Genehmigung geklagt. Die Kläger begründeten ihr Vorgehen mit der optischen Bedrängung und der Beeinträchtigung durch Lärm, die eine Anlage mit einer Gesamthöhe von 240 Metern für sie bedeute.
Die Vorsitzende Richterin erklärte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass das Gebot der Rücksichtnahme bei Bauvorhaben, das im Fall einer optischen Bedrängung einschlägig ist, ursprünglich entwickelt worden sei, um zu vermeiden, dass ein Gebäude durch ein anderes eingekesselt wird. Im Laufe der Zeit sei die Frage aufgekommen, ob das Gebot der Rücksichtnahme auch bei optischen Bedrängungen durch Windenergieanlagen Anwendung findet.
Vom 8. Senat entwickelte Faustformel
„Da der Gesetzgeber uns im Stich gelassen hat, haben wir uns etwas ausgedacht“, verwies die Vorsitzende auf die vom 8. Senat entwickelte Faustformel. Demnach kann eine Anlage, die zum entsprechenden Wohngrundstück hinsichtlich der Entfernung den dreifachen Wert ihrer Höhe aufweist, immer, beim zweifachen Wert hingegen nie gebaut werden. Alles was sich zwischen diesen Werten bewegt, muss im Einzelfall entschieden werden.
Im Bereich der Einzelfallentscheidung befindet sich folglich das geplante Bauvorhaben. Da es sich nur um eine Anlage handelt und diese nur die südliche Blickrichtung der Grundstückeigentümer betrifft, gab die Vorsitzende den Klägern zu bedenken, dass der Senat die Baugenehmigung einer Windenergieanlage, die kleiner ausfallen und damit den dreifachen Höhenwert einhält, nicht aufheben würde.
Minderertrag von vier Millionen Kilowattstunden
An dieser Stelle schaltete sich der Prozessbevollmächtigte des beigeladenen Projektentwicklers ein. Tatsächlich gebe es den gleichen Typ mit einer Höhe von 120 Metern. Das Drehen der Rotoren sei für die Kläger dann jedoch gleichermaßen sichtbar, es würde allerdings ein Minderertrag von vier Millionen Kilowattstunden im Jahr entstehen.
Er regte daher an, die Rechtsprechungspraxis dahingehend weiterzuentwickeln, dass bei einer Entfernung von über 500 Metern generell keine bedrängende Wirkung mehr angenommen wird.
Diesem Vorschlag kam der Senat jedoch nicht nach. Die Faustformel habe sich in den vergangenen 15 Jahren gerade deshalb bewährt, weil sie für Behörden und Betreiber kalkulierbar sei. Ob nun die Baugenehmigung einer Windkraftanlage mit einer Höhe von nur 120 Metern beantragt wird, bleibt abzuwarten.
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