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Wolbeck

Christuskirche birgt noch viele Rätsel

Bettina Goczol

Münster-Wolbeck - Das Himmlische Jerusalem, die Vision des Johannes für die Zeit nach der Apokalypse, steht als Stein gewordenes Symbol in Wolbeck. Um welch ein besonderes Gotteshaus es sich bei der 45 Jahre alten evangelischen Christuskirche handelt, haben Pfarrerin Helga Wemhöner, Kirchmeister Herwig Wartenberg und die anderen Mitglieder des Ausschusses für Kirchraumgestaltung erst kürzlich ans Tageslicht befördert. Die spannende Spurensuche führte bis nach Trier und Bonn. Die letzten Geheimnisse hoffen die Ausschussmitglieder aber in Hiltrup zu lüften.

Warum ausgerechnet Hiltrup? „Die Christuskirche war eigentlich für Amelsbüren geplant, ist dort aber nie gebaut worden“, erzählt Helga Wemhöner. Auf welchen verschlungenen Wegen der Bau dann in Wolbeck verwirklicht wurde, darüber erhofft sich die Pfarrerin Aufschluss im Archiv der Gemeinde Hiltrup-Amelsbüren, denn im eigenen Archiv in Wolbeck und im Archiv der Friedenskirchengemeinde in Angelmodde fand sich nichts. Und das ist umso bemerkenswerter, als der Architekt Prof. Heinrich-Otto Vogel jedem seiner 150 Kirchbauten ein ausformuliertes theologisches Konzept zu Grunde legte.

Den Schlüssel zu diesem Konzept entdeckte Pfarrerin Wemhöner, die sich stets gewundert hatte, warum der Taufstein - mit vier auffälligen Steinen geschmückt - mitten in der Kirche platziert ist. Neben Labradorit und Falkenauge finden sich dort auch roter Jaspis und Amethyst. In der Offenbarung des Johannes wird Jaspis als erster und Amethyst als letzter von zwölf Grundsteinen der Stadtmauer des Himmlischen Jerusalem erwähnt. Die Stadt ist von einer 144 Ellen hohen Stadtmauer umgeben, in alle vier Himmelsrichtungen führen je drei Tore.

Diese Motive sind auch in der Christuskirche aufgenommen: Sie ist genau nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und misst zwölf mal zwölf Meter im Grundriss. Die perfekte Harmonie des Himmlischen Jerusalem spiegelt sich in der Symmetrie der Kirche: An jeder Seite eine größere Fenster- beziehungsweise Türöffnung. Unter der Spitze des pyramidenförmigen Daches ist der Taufstein platziert, den Architekt Vogel in seinen Kirchen stets besonders hervorhob.

Doch nicht alle Feinheiten des streng symmetrischen Konzeptes wurden umgesetzt. Der Bauplan zeigt, dass neben dem Altar aus weißem Travertin eine aus gleichem Stein gefertigte runde Kanzel platziert sein sollte, die in Symmetrie zum 1963 gelegten Grundstein gedacht war. Altar und Kanzel sollte in der gegenüberliegenden Ecke die Orgel zugeordnet sein, die wie der Altar schräg aufgestellt sein sollte. Wemhöner: „Wort und Musik sollten im Dialog stehen.“

Noch längst nicht alle Rätsel der symbolträchtigen Kirchenarchitektur sind gelöst. Die Kassettendecke und ein romanischer Türbogen sind wahrscheinlich Zitate der Basilika in Trier, die Vogel restaurierte. Die neun kleinen quadratischen Fenster lassen mehrere Deutungen rund um die göttliche Zahl drei zu. Die anderen sieben Fenster, die 1988 dem großen Wanddurchbruch zum Gemeindehaus hin wichen, sind womöglich eine Anspielung auf das Buch mit sieben Siegeln.

Die Spurensuche, an der maßgeblich auch der landeskirchliche Architekt mitgewirkt haben, ist noch nicht zu Ende. Wer noch Hinweise geben kann, möge sich bei Pfarrerin Wemhöner, Telefon 02506/7177, melden.

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