Gerberei aus dem 11. Jahrhundert entdeckt
Überraschungsfund am Rande der mittelalterlichen Stadt
Münster
Mehr als 120 Hörner und Rinderskelette haben Archäologen an der Münzstraße entdeckt. Sie gehen davon aus, dass es sich dabei um Überreste einer Gerberei aus dem 11. Jahrhundert handelt. Auch Grubenhäuser und kunstvolle Keramik legten die Wissenschaftler in einer Baugrube frei.
Münsters Stadtarchäologen haben an der Münzstraße eine spektakuläre Entdeckung gemacht. Auf einem Grundstück, auf dem bis Anfang 2015 für die DRK-Schwesternschaft ein Stützpunkt mit Pflege und betreutem Wohnen errichtet wird, haben sie eine Gerberei freigelegt, in der vermutlich bereits im 11. Jahrhundert aus Rinderhaut Leder hergestellt wurde.
Mehr als 120 Hornzapfen – also Teile von Rinderhörnern – haben die Wissenschaftler entdeckt. „Es war damals üblich, dass Gerbereien am Rande der Stadt lagen“, berichtet Stadtarchäologin Dr. Aurelia Dickers. „Das war nämlich ein stinkendes Gewerbe.“ Fehlt nur der Fluss, in den die Abwässer geleitet wurden. Dickers vermutet, dass diese im Stadtgraben landeten.
Dass der Bereich bereits im elften Jahrhundert besiedelt war, hat die Archäologin überrascht. „Bislang war man davon ausgegangen, dass sich hier erst Menschen ansiedelten, als im 12./13. Jahrhundert die Stadtbefestigung fertiggestellt war.“ Sie hat zwei Vermutungen: Entweder handelt es sich bei den aktuell entdeckten Siedlungsspuren um eine Hofgruppe, die später in die Stadt integriert wurde – oder um eine Handwerker-Siedlung am Rande der Stadt.
Immerhin dies ist sicher: Jene Siedlung, die später zur Stadt Münster wurde, war in ihrer Frühzeit offenbar viel stärker besiedelt als lange Zeit angenommen. Diese Erkenntnis, so Dickers, kristallisiere sich bei immer mehr Ausgrabungen im Stadtgebiet heraus.
Neben mehreren Gerber-Gruben und Grubenhäusern haben die Wissenschaftler auch zahlreiche Kleinfunde gemacht – darunter grobe westfälische Keramik aus dem 11. und 12. Jahrhundert und deutlich feiner gefertigte Keramik aus dem Rheinland. Daneben haben die Archäologen ein sehr gut erhaltenes Rinderskelett freigelegt – gut möglich, dass sein Fell wenige Meter entfernt, in der Gerberei, weiterverarbeitet wurde. Die Grabungen sollen noch rund drei Wochen weitergehen, danach beginnen die Arbeiten für eine Tiefgarage.
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