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Verbraucherzentrale warnt

Unseriöse Online-Kredite: Das Geschäft mit der Hoffnung

Münster

Zahlreiche Online-Anbieter werben mit Billig-Krediten. Schufa-Auskunft und lange Wartezeiten? Nicht nötig. Doch die Verbraucherzentrale warnt: Eine Kreditvergabe ohne Bonitätsprüfung ist unseriös. Manch ein Anbieter kassiert sogar horrende Summen ohne je einen Kredit zu vergeben.

Mirko Heuping

Die Exilium Finanz wirbt damit, Träume zu erfüllen. Letztlich werden ihre Kunden nach Erfahrung der Verbraucherzentrale aber regelmäßig enttäuscht und um viel Geld erleichtert. Foto: Gunnar A. Pier

Tina Müller (Name von der Redaktion geändert) wollte eigentlich nur eine neue Sitzgarnitur für ihr Wohnzimmer kaufen. Da die kargen Ersparnisse der Hartz-IV-Empfängerin nicht ausreichten, beschloss sie, einen Kredit über 1000 €  aufzunehmen. Doch ihre Hausbank lehnte den Antrag nach einer Bonitätsprüfung ab.

So wie Müller geht es vielen Geringverdienern und Empfängern von Sozial­leistungen. Und genau wie die Münsteranerin suchen diese immer öfter Abhilfe im Internet. Dort werden schließlich Kredite zu Traumkonditionen angeboten – und das komplett ohne Bonitätsprüfung. Dass daraus oft ein Albtraum wird, stellen die meisten Interessenten erst viel zu spät fest.

Bei ihrer Online-Recherche wurde Müller auf die Ahlener Firma Exilium Finanz GmbH aufmerksam. Die wirbt auf ihrer Internetseite in großen Lettern unter dem Slogan „Wir erfüllen ihre Träume“ mit einem kosten­losen Antrag und Sofort-Zusage ohne Schufa-Auskunft.

Bearbeitungsgebühr vorab gezahlt

Einige Wochen später sitzt Müller verzweifelt im Büro von Simone Weinke von der Verbraucherzentrale Münster. Weinke könnte ein Buch über die negativen Erfahrungen mit der Exilium Finanz GmbH sowie deren Vorgängern Luxor, Lugano, Lyon und Luzern Finanz GmbH und ähnlichen Anbietern schreiben. Ihr Rat: „Finger weg von angeblichen Krediten ohne Bonitätsprüfung! Wenn die Hausbank keinen Kredit vergibt, dann hat das schon Gründe.“

Doch Müller hatte dem verlockenden Angebot bereits nachgegeben und einen entsprechenden Online-Antrag ausgefüllt. Wenige Tage später flatterte Post ins Haus. Ein Kredit über 1500 €  sei bewilligt, dafür sollte Müller aber vorab eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 267 €  zahlen. Mit der Aussicht auf die neue Wohn­zimmer-Couch kratzte die Münsteranerin das Geld zusammen und überwies fristgerecht die geforderte Summe. Erst als sie kurz darauf weitere 190 €  an einen angeblich beauftragten Dienstleister zahlen sollte, wurde sie misstrauisch.

Geschäftsmodell unzulässig

Der Gang zur Verbraucherzentrale bestätigte schließlich Müllers schlimme Vermutung: Sie wurde Opfer einer gezielten Täuschung. Mit einer weiteren Über­weisung hätte sie eine nie ­gewollte und in Münster ohnehin kostenlose Schuldnerberatung sowie diverse Ver­sicherungen und sogar einen Anteil an einer Wohnungsgenossenschaft erworben. „Das steht aber lediglich im Kleingedruckten, was die meisten Käufer nicht be­achten“, erklärt Weinke. Im Ex­tremfall kommen so Kosten bis zu 10.000 €  zusammen. „Betroffenen droht oftmals die Privatinsolvenz“, sagt Weinke.

Gegen die Exilium Finanz GmbH, die lediglich als Briefkastenfirma existiert, führt die Verbraucherzentrale aktuell einen Rechtsstreit, bei dem es um den Vorwurf der Täuschung geht. In erster Instanz hat das Landgericht Dortmund das Geschäfts­modell bereits als unzulässig abgeurteilt, doch solange die Revision vor dem Oberlandesgericht in Hamm noch nicht verhandelt wurde, besteht keine Handhabe gegen diese Praxis. „Ich kann nur dazu raten, bei Krediten niemals eine Vorauszahlung zu leisten“, sagt Weinke.

Tina Müller hat indes noch einmal Glück gehabt. Mit Hilfe der Verbraucherzentrale hat sie ihre 267 €  zurückbekommen. Sie will sich nun in einem Sozialkaufhaus nach günstigen Sitz­möbeln umsehen.

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