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Streik im Sozial- und Erziehungsdienst

Verdi-Demo: Mehrere Kitas blieben dicht 

Münster

Während die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst demonstrierten, mussten mehrere Kitas geschlossen bleiben. Die Verantwortung für die Folgen, die Eltern zu spüren bekamen, sehen die Streikenden nicht bei sich.

Rund 350 Streikende nahmen an der Versammlung vor dem Stadhaus teil. Den Großteil bildeten Erzieherinnen und andere Beschäftigte aus Kitas und Sozialen Einrichtungen. Foto: Oliver Werner

Trotz Schneeregen hatten sich mehr Streikende zur Versammlung vor dem Stadthaus eingefunden als geplant. Etwa 350 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst machten ihrem Frust über das Angebot der Arbeitgeber Luft. „Streiken im Sommer kann jeder“, sagte Iris Werning von der Verdi-Betriebsgruppe der Stadtverwaltung Münster, was die Masse in gelben Warnwesten mit laustarker Zustimmung quittierte.

Fünf von 29 städtischen Kitas mussten aufgrund des heutigen Streiks geschlossen bleiben, darunter die Kitas Albachten, am Gievenbach und Kinderhaus. In zwölf weiteren wurde eine Notbetreuung eingerichtet. Die Auswirkungen für Eltern blieben dabei laut Ann-Christin Spatzier überschaubar. Die Vorsitzende des Jugendamtselternbeirats bemerkte aber auch, dass die Situation für viele Familien seit Langem extrem schwierig sei. Jeder zusätzliche Ausfall in der Kinderbetreuung sei spürbar. Daher vermute sie auch, dass viele Eltern in eine Art Schockstarre verfallen seien und sich gar nicht erst äußern. Trotzdem könne sie verstehen, dass das Kita-Personal streikt.

Den Vorwurf der Arbeitgeber, dass Streikende auf Kosten der Familien Tarifpolitik betreiben und den Betreuungsnotstand verschärfen würden, wiesen die Rednerinnen bei der Verdi-Demo scharf zurück. Das Problem seien nicht die Streiks, sondern die katastrophalen Arbeitsbedingungen, die diese erst nötig machten.

Frauentag als Streiktag

Schon die Erwähnung des Internationalen Frauentages in der Begrüßung brachte Gewerkschaftssekretär Bernd Feldhaus den ersten Jubel ein. Amtskollegin Julia Wolters lobte den Einsatz, den die zu 83 Prozent weibliche Belegschaft in Kitas und anderen sozialen Einrichtungen leisteten. Gerade während der Pandemie hätten sich Erzieherinnen hohem Infektionsrisiko und weiteren Belastungen ausgesetzt, um die nötige Betreuung sicherzustellen – „Systemrelevanter geht's doch nicht oder?“

Trotzdem würden die sozialen Berufe von Bund und Arbeitgebern nicht annähernd genug wertgeschätzt.  In einer Pressemitteilung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) heißt es, die Streikaufrufe im Sozial- und Erziehungsdienst entbehrten jeder Grundlage. VKA-Präsidentin Karin Welge spricht in dem Papier von einer Gehaltssteigerung für Erzieherinnen und Erzieher von 66 Prozent seit 2009.

Julia Wolters (l.) und Iris Werning forderten mit kämpferischen Parolen bessere Arbeitsbedingungen Foto: Oliver Werner

Nicole Rössel von der Verdi-Sozial- und Jugendhilfe bat alle Kolleginnen und Kollegen, die diese Steigerung für sich bestätigen können, vorzutreten, was zu einem seltenen Moment der Stille führte. Rössel könne nicht nachzuvollziehen, woher die VKA die Zahlen nehme, mit denen sie begründet, wie gut es den Beschäftigten doch gehe. Sie selbst habe zwar keinen medizinischen Hintergrund, der VKA-Präsidentin würde sie aber eine Fehlwahrnehmung attestieren, die behandlungswürdig sei.

Iris Werning, Verdi

Das Angebot der Arbeitgeber umfasst eine schrittweise Gehaltserhöhung um drei Prozent im kommenden Oktober und zwei Prozent im Juni nächsten Jahres. Dazu gibt es zwei steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen in Höhe von 1500 und 1000 Euro. Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sei dies völlig inaktzeptabel. Die Streikenden fordern 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Gerade für die unteren Einkommensgruppen sei dies höchste Zeit. Werning fordert mehr Geld und vor allem Personal an der Basis, nicht in der Führungsebene. „Man muss sich überlegen, wie viele Häuptlinge man braucht, und wie viele Krieger.“

Auch Gewerkschaftssekretär Bernd Feldhaus lobte den Einsatz von Frauen in den sozialen Berufen. Foto: Oliver Werner

Als „schwachen Trost“ bezeichnete Bernd Feldhaus die Rosen, die er und seine Genossinnen für die Streikenden mitgebracht hatten. Diese nahmen sie aber als Zeichen der Solidarität am Frauentag gerne entgegen.

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