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NRW-Grüne sehen Münsters neues Entsorgungskonzept kritisch

Wegbereiter des Mülltourismus?

Münster

Selten wurde eine politisch so wichtige Frage in Münster so still und so diskret behandelt wie die Neuausrichtung der Stadt bei der Abfallentsorgung. Seit Beginn des Jahres wird der in Münster anfallende Restmüll im großen Stil jenseits der deutsch-niederländischen Grenze in Hengelo verbrannt.

Klaus Baumeister

Vorsortierter Restmüll aus Münster wird seit Jahresbeginn im großen Stil in Hengelo verbrannt. Die Grünen in NRW haben die Befürchtung, dass Münster als Einstieg in eine neue Form des Mülltourismus dienen könnte, weil vorsortierter Müll rechtlich anders zu bewerten ist als „normaler“ Müll. Foto: Twence Holding B.V.

Was in Münster kaum jemanden interessiert, treibt den NRW-Landtagsabgeordneten Hans Christian Markert regelrecht um. Markert ist umweltpolitischer Sprecher der Grünen in Düsseldorf.

Die gesetzlichen Bestimmungen zur Abfallverbrennung in Deutschland schreiben laut Markert vor, „dass inländische Verbrennungsanlagen gegenüber ausländischen eine Priorität haben“. Für den abweichenden Weg der Münsteraner müsse es gute Gründe geben, die Markert gern einmal erfahren würde.

"Kein Müll, sondern Sortierreste"

Patrick Hasenkamp, Chef der Abfallwirtschaftsbetriebe in Münster (AWM), kann die Kritik nicht verstehen. „Wir verbrennen keinen Müll, wir verbrennen Sortierreste.“

In der Tat: Der in Münster anfallende Restmüll wird in der Anlage Coerde sortiert und in verschiedene Fraktionen geteilt. Für insgesamt sechs Lose starteten die AWM eine Ausschreibung. Bei den großen Losen – insgesamt 52 000 Tonnen – machte das Unternehmen Twence aus Hengelo das preiswerteste Angebot.

Vorher Transport nach Oberhausen

Zuvor brachte Münster besagte Sortierreste nach Oberhausen, weswegen Hasenkamp auch unter ökologische Gründen einen Vorteil sieht, da der Weg Transportweg Hengelo kürzer sei als der nach Oberhausen.

Der grüne Abfallexperte Markert hingegen hat Zweifel, ob die Anlage in Hengelo die hohen ökologischen Standards der NRW-Müllverbrennungsanlagen erreicht. „Da bleibt ein Fragezeichen.“ Hasenkamp widerspricht dem. Die Anlage verfüge über eine hohe Effizienz.

Markert formuliert trotzdem sein Unbehagen, denn sollte das „Modell Münster“ Schule machen, dann sei zu befürchten, dass sich ausländische Entsorgungsunternehmen über „Dumpingpreise“ auf dem deutschen Markt einkaufen. Der Vorsortierung kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu, denn sie erlaubt es, die harten Vorgaben des Abfallrechtes zu umgehen.

Mülltourismus oder nicht?

AWM-Chef Hasenkamp lehnt es in diesem Zusammenhang kategorisch ab, von Mülltourismus zu sprechen. Zu der Frage indes, ob andere Entsorgungsunternehmen das „Modell Münster“ als Einstieg in den Mülltourismus nutzen könnten, möchte er nicht Stellung beziehen. „Ich kann nicht für andere sprechen.“

Fakt ist nach Informationen unserer Zeitung, dass andere Entsorgungsunternehmen eine Feststellungsklage planen, um einen klaren Anhaltspunkt dafür zu haben, ob die in Münster praktizierte Entsorgung – Vorsortierung bei anschließender Verbrennung im Ausland – gesetzeskonform ist. Sollten die Gerichte ja sagen, „dann ergeben sich ganz neue Wege“, so ein Branchenkenner.

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