Debattierclub der Uni lud zum Duell
Wenn Studenten für Gebühren plädieren
Münster
Das rhetorische Talent der Redner stand bei einem Duell im Vordergrund, zu dem der Debattierclub der Uni wieder einlud.
„Meine Damen und Herren“, beginnt Anna Hülemeier ihren Vortrag, ganz im Stil einer rhetorisch geschulten Politikerin. „Es ist richtig, Studiengebühren wiedereinzuführen. Die Arbeitslosigkeit bei Absolventen einer Universität liegt nur bei 2,5 Prozent“, sagt Hülemeier.
Rhetorisches Talent gefragt
Auf den ersten Blick ist das ein sehr überraschendes Statement der Psychologiestudentin, denn die 21-Jährige wäre selbst massiv von solchen Gebühren betroffen. Doch geht es am Dienstagabend im Hörsaal der Universität gar nicht so sehr um Inhalte. Vielmehr steht das rhetorische Talent der Redner im Vordergrund. Es ist das traditionelle Professorenduell, das der Debattierclub der Uni jährlich ausrichtet.
Die Debatte bietet an diesem Abend eine spannende Konstellation. Hülemeier trifft mit Matthias Gansen, Student der Wirtschaftswissenschaften, auf Privatdozent Dr. Meinald Thielsch und Prof. Dr. Eric Achermann. Beide lehren an der Universität Münster, werden aber per Münzwurf in die „Opposition“ verwiesen. Sie müssen somit gegen den Antrag der „Regierung“ argumentieren, die aus Hülemeier und Gansen besteht und Studiengebühren einführen will.
Im Publikum sitzen Studenten, die gebührenpflichtigem Lernen per geheimer Abstimmung eine klare Absage erteilen. Die „Regierung“ entscheidet sich deshalb dafür, das von der FDP präferierte Modell von nachgelagerten Studiengebühren vorzuschlagen. „Es ist ein Beitrag zur Gerechtigkeit, wenn Studenten für ihre eigene Ausbildung bezahlen müssen, dies aber erst nach ihrem Studium tun müssen“, erklärt Redner Gansen. Achermann, seines Zeichens Professor für Literaturwissenschaft, holt zum verbalen Gegenschlag aus. „Den Vorschlag der Regierung muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Wir sind für die Freiheit der Lehre und gegen Gebühren.“
Entgegen der eigenen Überzeugung argumentieren
Insbesondere der Ansatz, entgegen der eigenen Überzeugung Inhalte zu vertreten, soll das rhetorische Talent fördern. Dies ist der Ansatz des Debattierclubs, bei dem sich Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen regelmäßig zu wöchentlichen Debatten über politische und gesellschaftliche Themen treffen. An diesem Abend darf das Publikum am Ende per Handzeichen abstimmen, ob es dem Antrag der von den beiden Studenten vertretenen „Regierung“ zustimmen würde. Das Votum ist eindeutig: Die mit den Profs besetzte Opposition erhält eine klare Mehrheit für die Ablehnung von Studiengebühren. Dennoch gewinnen Hülemeier und Gansen im Vergleich zur anfänglichen Abstimmung an Stimmen dazu. Sie dürfen sich also als moralische Sieger einer lebhaften Debatte fühlen.
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