1. www.wn.de
  2. >
  3. Münster
  4. >
  5. Das „Höllische Open-Air-Spektakel“ in Münsters Hafenbecken begeistert

  6. >

„The Black Rider“

Das „Höllische Open-Air-Spektakel“ in Münsters Hafenbecken begeistert

Münster

Spektakuläre Bilder, schräge Gestalten: All das gibt es im „Black Rider“ zuhauf. Doch das Herz der Open-Air-Aufführung schlägt in den Songs von Tom Waits.

Von Harald Suerland

Stelzfuß (Ivana Langmajer, r.) hat alles im Griff und führt auch singend das famose Ensemble an. Foto: Lefebvre

Hört nicht auf den Teufel, wird das Publikum aufgefordert. Aber er – oder besser: sie – meint das natürlich nicht so. Vielmehr macht Ivana Langmajer als dämonischer Stelzfuß die Zuhörer zu Mitsängern beim „Black Rider“ im Hafenbecken. Sie ist Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung, sie singt besser, als sich Songschreiber Tom Waits das wohl vorstellen konnte, und setzt das Bewegungsrepertoire von Choreograf Vinicius spielerisch um: eine tolle Teufelin.

Die herrlich schräge „Freischütz“-Variante als Open Air des Wolfgang-Borchert-Theaters spielt stimmungsvoll mit der einbrechenden Nacht über der Seebühne – das Wasser indes hat nur zwei kurze Auftritte, anders als damals bei Shakespeares „Sturm“. Die Bühne von Darko Petrovic stellt stattdessen in einem bizarren Stangenwald jenen düsteren Kreuzweg ins Zentrum, der die Gewissensplagen des Schreibers Wilhelm symbolisiert: Muss er doch zum Jäger werden, um das geliebte Käthchen zu freien, und lässt sich daher von Stelzfuß mit magischen Kugeln ausstatten. Dass der US-Autor William S. Burroughs bei den „magic bullets“ auch andere, berauschendere Mittel im Sinn hatte, gehört zu den hintersinnigen Facetten dieses Stücks, das eben kein handelsübliches Musical ist.

Dazu tragen die kammermusikalischen Strukturen der fabelhaften Begleitband ebenso bei wie die expressionistische Anmutung in Maske und Kostümen (Olga Lageda), die dem von Meinhard Zanger inszenierten Spielstil entsprechen: dezent schrill und auch mal schön albern, etwa in der Schießgewehr-Pantomime des Wilhelm, für den der agile Florian Bender zudem gut intonierte Gesangslinien beisteuert. Bei der schauspielerisch starken Rosana Cleve, die auch ihr Marilyn-Monroe-Zitat genussvoll absolviert, gehen Käthchens hohe Töne nicht ganz so leicht ins Ziel – aber das passt. Dass Gesang und Dialoge am Premierenabend recht leise klangen, lag an einem Lautsprecherausfall, der bereits behoben ist.

Apropos Dialoge: „Oh wie herrlich sieht’s hier aus, totes Wild im ganzen Haus!“ Wundersame Sätze wie dieser, bisweilen in kuriosem Deutsch-Englisch-Gemisch, tragen erheblich zum Reiz des Stückes bei. Jürgen Lorenzen als Förster Bertram und all die anderen Ensemblemitglieder lassen sie süffisant zum Erlebnis werden und singen mit Inbrunst die Songs von Tom Waits. Und so sehenswert das Spektakel auch ist, das Meinhard Zangers Regieteam mit vielfältigen Lichtstimmungen, choreografisch überzeugender Bühnenpräsenz auch der „Tiere“ vom Gymnasium Paulinum und feurigen Effekten bietet: Die nur im englischen Original aufzuführenden Lieder sind es, die den begeisterten Zuschauern besonders ans Herz gehen.

Klar, der Titelsong macht erstmal Stimmung; aber wenn sich das Liebespaar als Dornenbusch und Rose anschmachtet („The Briar and the Rose“), eine Figur sentimental über den „November“ sinniert und am Schluss anstelle eines Happy Ends Frau Stelzfuß innig die letzte Rose des Sommers beschwört, sind die Gefühle der Figuren ebenso groß wie das „höllisch-musikalische Spektakel“, in dem sie sich tummeln. Lang anhaltender Premierenapplaus.

Aufführungen bis zum 10. Juli. Kartenverkauf Mo bis Fr von 10-13 und 14-18 Uhr im Wolfgang-Borchert-Theater, unter

 02 51 / 400 19 sowie im Online-Ticketshop

Startseite