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15 Jahre Verein Porzellanmuseum

Zerbrechliche Schönheiten

Münster

Vor 15 Jahren zählte Rainer-Ludwig Daum zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Porzellanmuseum Münster. Inzwischen gibt es 10 000 Exponate, Schwerpunkt sind Porzellan-Malereien der ehemaligen Manufaktur Roloff in Münster.

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Vereinsvorsitzender Rainer-Ludwig Daum mit einem Roloff-Wappenteller, der 1946 dem damaligen britischen Stadtkommandanten in Münster überreicht wurde. Foto: hpe

Zwischen 1840 und 1990 gab es in Münster ein Dutzend Porzellanmaler-Werkstätten. Weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde die Kinderhauser Manufaktur August Roloff, die von 1919 bis 1955 bestand und in ihrer Hochphase 150 künstlerisch aktive Maler beschäftigte. Seit 1969 sammelt der 66-jährige Rainer-Ludwig Daum die wertvollen Roloff-Exponate. Und erfüllte sich vor 15 Jahren mit der Gründung des Vereins Porzellanmuseums Münster einen Lebenswunsch. Unser Redakteur Helmut P. Etzkorn sprach mit dem Vereinsvorsitzenden Daum.

Wie entdeckten Sie Ihre große Liebe zu dem kunstvollen Porzellan?

Daum: Auf dem Promenaden-Flohmarkt habe ich vor vielen Jahren für ein paar Mark einige Teller und Schalen von lokalen Porzellanmalern erworben. Ich begann, mich für die Geschichte der Manufaktur Roloff zu interessieren. Und entdeckte den Detektiv in mir. Ich wollte alles – von den alten Stahldruckplatten über Farben, Pinsel, Prospekte bis zu den Mustervorlagen – wissen und sie möglichst besitzen. Das hat funktioniert.

Wie kommt man an die alten Schätze ran?

Daum: Das war oft reine Glückssache. Ich hielt einen Vortrag über Roloff bei einem Ehemaligentreffen der früheren Manufaktur-Beschäftigten. Die besorgten mir Firmenfotos aus den 1950er-Jahren, seltene Exponate und Dokumente über den weltweiten Handel mit dem Roloff-Porzellan. Aus der Sammelei wurde dann so etwas wie Leidenschaft.

Warum gründet man dann als Privatsammler einen Verein?

Daum: Ich hatte nie das Problem, an genügend Exponate ranzukommen. Aber es fehlten einfach die Räumlichkeiten, um die vorhandenen Schätze und die Geschichte der dann leider Konkurs gegangenen Manufaktur ausstellen zu können. Über den Kontakt zur damaligen Stadtheimatpflegerin Ruth Betz bekam ich die Möglichkeit, Roloff-Kostbarkeiten 2001 im Heimatmuseum Kinderhaus und dann im Mühlenhof ausstellen zu können. Selbst eine alte Werkstatt wurde rekonstruiert. Um an Fördergelder der NRW-Sitzung zu kommen, gründeten wir den Verein. Ich habe inzwischen 4000 eigene Exponate, insgesamt sind es im Vereinsbesitz wohl rund 10 000.

Trotzdem kann bis heute nur wenig Roloff-Porzellan in der Öffentlichkeit präsentiert werden. Wie sehen die konkreten Pläne für ein eigenes Museum aus?

Daum: Aktuell haben wir ja im Torhaus eine sehr begrenzte Fläche zur Verfügung. Bald aber soll uns eine alte Remise gleich in der Nachbarschaft vom Neutor zur Verfügung gestellt werden. Dann können wir endlich in vielen Vitrinen zeigen, was über 100 kreative Kunstmaler aus Münster so alles geschaffen haben. Und unser Ziel seit der Gründung, endlich ein großes Museum in zentraler Lage zu haben, steht damit kurz vor der Erfüllung.

Wie kann man junge Menschen in Zeiten, in denen das Geschirr oft für ein paar Euro im Billigladen gekauft wird, für altes Porzellan begeistern?

Daum: Wir planen gerade ein Malbuch für Kinder und Erwachsene. Neben den Vorlagen, die individuell aus­gemalt werden können, ist das Originalexponat als Foto abgebildet. Gleichzeitig erfährt man viel über Alter, Herstellung und Dekorierung der Teller, Deckelvasen und Gefäße von Roloff.

Wer mehr über die Porzellan-Geschichte Münsters wissen will, findet nur sehr begrenzt geeignetes Quellenmaterial. Kann der Museumsverein da weiterhelfen?

Daum: Weil wir Mitglied im Stadtheimatbund sind, wird in diversen Schriften und Veröffentlichungen des Vereins über die münsterische Porzellanmalerei informiert. Aktuell wird an einer Broschüre gearbeitet, die als Pilotheft einer neuen Schriftenreihe des Stadtheimatbundes erscheinen wird.

Wo kann man sich von Roloff und seinen Kunst­werken inspirieren lassen?

Daum: Die wichtigsten Exponate können im Historischen Torhaus, Neutor 2, geöffnet werktags von 10 bis 12.30 Uhr und an jedem dritten Sonntag im Monat von 16.30 bis 18 Uhr, besichtigt werden. Bei den Sonntagsterminen gibt es zudem Diavorträge zum Thema Porzellanmalerei. Auch auf unserer Homepage erfährt man Aktuelles, beispielsweise über geplante Ausstellungen im Münsterland. Heraus­ragend war unsere Präsentation 2014 im Museum Abtei Liesborn unter dem Titel „Zerbrechliche Moderne, Porzellan der Manufaktur Roloff zwischen Bauhaus und Art Déco“.

Werden noch neue Stücke aus Privatsammlungen angekauft?

Daum: Natürlich. Wer noch Roloff-Exponate hat und sich von ihnen trennen mag oder sie als Nachlass verwaltet, sollte unbedingt Kontakt mit uns aufnehmen. Je besser unsere Sammlung sortiert ist, desto mehr können wir auch die einzigartige Roloff-Firmengeschichte dokumentieren. Erst vor Kurzem haben wir der Stadt ­Paderborn helfen können. Die suchte für eine Wanderausstellung über die Beziehungen zwischen Briten und Deutschen in Westfalen in der Nachkriegszeit ungewöhnliche Exponate. Wir hatten im Magazin einen reichlich bemalten Wappenteller, den die Firma Roloff 1946 britischen Stadtkommandanten in Münster schenkte. Ein Unikat.

Hand aufs Herz. Haben Sie selbst schon einmal Roloff-Scherben angerichtet?

Daum: Zwei Teile sind mir in 15 Jahren aus der Hand gefallen. Bei 10 000 Exponaten doch eine gute Quote, oder?

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