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Gewalttat in Klinik für Psychiatrie

„Zustand war akut lebensbedrohlich“

Münster

Im Sicherungsverfahren gegen einen 61-Jährigen sagte am Montag eine Rechtsmedizinerin aus. Dabei schilderte sie eindringlich, welch schwere Verletzungen sein 76-jähriger Zimmernachbar beim Angriff in einem psychiatrischen Krankenhaus erlitt.

Von Klaus Möllers

Foto: dpa (Symbolbild)

Abgeschlagen, abgerissen, vielleicht sogar abgebissen wurde einem an Demenz erkrankten Mann in einem hiesigen Krankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie ein Ohr. Mutmaßlich durch Schläge mit einer Rollstuhlstütze brach außerdem ein Knochen im Schädel, eine Augenhöhle wurde beschädigt, so dass er das Auge nicht mehr öffnen kann, und er erlitt diverse Blutergüsse.

Diesen Befund legte am Montag eine Rechtsmedizinerin als Gutachterin am Landgericht vor und sprach von einem „akut lebensbedrohlichen Zustand“, in dem sich der 76-Jährige befunden habe. Im Sicherungsverfahren gegen den 61 Jahre alten Zimmernachbarn (wir berichteten), der beschuldigt wird, Gewalt gegen den Demenzkranken angewendet zu haben, erläuterte die Medizinerin, dass das Opfer mindestens fünf massive Schläge auf den Kopf, einen im Nasen-Lippen sowie einen im Ohrbereich abbekommen habe.

Offenbar Streit zwischen Patienten

Am Morgen des 26. Juni war es offenbar zu einem Streit zwischen den Patienten im Zimmer gekommen. Beide waren wegen eines Delirs mit Verwirrtheitszuständen in Behandlung. Der 61-Jährige habe sich nach Eintreffen des Notarztes nicht mehr erinnern können, dass er den anderen geschlagen habe, sagte am Montag eine Altenpflegerin aus, die an dem Morgen Dienst hatte.

Der Beschuldigte ist alkoholabhängig und an hirnorganischen Veränderungen durch den seit 20 Jahre bestehenden Missbrauch erkrankt. Die Staatsanwältin sprach sich für eine Entzugsbehandlung des 61-Jährigen unter geschlossenen Bedingungen aus. Weil er sich im Delir befunden habe und eine Gewalttat in dem Zustand „eine Seltenheit“ sei, sei eine dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie nicht geboten.

Gegen einen Zwangsentzug sprach sich der Anwalt des Beschuldigten aus, weil das Delir, nicht der Alkohol, ursächlich für den Übergriff gewesen sei. Die Anwältin, die die Angehörigen des Mannes als Nebenkläger vertritt, beantragte die Einweisung in eine geschlossene Einrichtung, ersatzweise den Zwangsentzug. Denn durch die Abhängigkeit sei das Delir erst möglich geworden.

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