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Hiltruper Wohngenossenschaft

38 Bewohner haben sich zusammengeschlossen

Münster-Hiltrup

Drei Häuser, 24 Wohnungen, 38 Bewohner über 50 und eine Idee: Das ist die Hiltruper Wohngenossenschaft.

Gunnar A. Pier

Obligatorisch: Jeden Monat treffen sich die Bewohner zur Mitgliederversammlung. Foto: gap

Morgens um neun treffen sich die Ältesten zum Kaffee. Alle 14 Tage: Doppelkopf der Nachbarn. Einmal im Monat: Mitgliederversammlung. Wer Geburtstag hat, gibt ein Frühstück aus. Wenn das Wetter schön ist, wird auch mal spontan gegrillt. Aber wer seine Ruhe haben möchte, zieht einfach die Tür hinter sich zu.

Genossenschaftlich organisierte Bewohnergemeinschaft

Auf den ersten Blick sehen die Blocks auf beiden Seiten des Franz-Dahlkamp-Wegs im münsterischen Stadtteil Hiltrup ganz ähnlich aus. Doch hinter den Mauern steckt ein anderes Konzept. Eine Wohnungsgesellschaft mit Mietern hier – eine genossenschaftlich organisierte Bewohnergemeinschaft dort. „Ein Großteil ist nicht hierher gezogen, weil die Wohnungen schön sind, sondern weil sie sich etwas von der Gemeinschaft versprechen“, sagt Clemens Adam aus dem Vorstand.

Markus Bock Foto: gap

Zufrieden alt werden

Denn diese Gemeinschaft bucht quasi mit, wer bei der Genossenschaft einsteigt. „Wir sind hier alle mit einer Intention eingezogen“, formuliert Vorstandsmitglied Markus Bock. „Das ist eine Alltagsform, in der man zufrieden alt werden kann.“

Gemeinsame Verantwortung für die Wohnanlage

Doch was macht – neben den gemeinsamen Unternehmungen – das Gemeinschaftsgefühl aus? Die Identifikation der Bewohner rührt aus der gemeinsamen Verantwortung für die Wohnanlage. Das geht mit der Finanzierung los: Die Bewohner zahlen etwa 30 Prozent des Wertes einer Wohnung als Anteil an der Genossenschaft ein, hinzu kommt das Pendant zur Miete – in Hiltrup nennen sie das „Nutzungsgeld“. Das ähnelt also einer herkömmlichen Finanzierung mit Eigenanteil.

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Schon das hat für viele einen psychologischen Effekt. Wer gerade noch im Eigenheim wohnte mit Rasen, der gemäht werden muss, Verantwortung für Haus und Hof und die Mülltonnen, die an die Straße gestellt werden müssen, tut sich oft schwer damit, plötzlich zur Miete zu wohnen und vergleichsweise wenig Verantwortung zu tragen.

Drei Komplexe, unterirdisch mit einer Tiefgarage verbunden: Das ist die Anlage der Hiltruper Wohngenossenschaft. Foto: Wilfried Gerharz

Sich im Alter verkleinern

Dabei macht es für viele Sinn, sich im Alter zu verkleinern. Wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Rücken häufiger zwackt als früher, erscheint eine schöne Wohnung sinnvoller als das große eigene Haus. Die Genossenschaft ist also gefühlt ein willkommener Zwitter: Das Haus in Hiltrup gehört den Bewohnern nicht so richtig, aber eben doch ein bisschen.

„Wir machen hier alles selbst“, erklärt Prof. Dr. Clemens Adam. Es gibt einen Gemeinschaftsgarten, Beete vor dem Haus, Müllcontainer und immer wieder Reparaturbedarf. Dann muss die Selbstverwaltung ran, eine Wohnungsgesellschaft mit Hausmeisterservice gibt es nicht.

Prof. Dr. Clemens Adam Foto: gap

Gedanke der Unabhängigkeit dominierend

„Der Gedanke der Unabhängigkeit war dominierend“, beschreibt Adam die Startphase. 2012 begannen die Planungen, erster Spatenstich Anfang Januar 2014, knapp zwei Jahre später zogen die ersten Bewohner ein. Entstanden ist ein Komplex aus drei Wohngebäuden, unterirdisch per Tiefgarage verbunden. Alle Wohnungen sind barrierefrei, es gibt ein Gäste-Appartement, Werkstatt, Musikraum und einen Gemeinschaftsraum mit dem schönen Namen „Café Franz“.

Ein Vorstand und ein Aufsichtsrat sorgen für die Verwaltungsarbeit. Sie werden regelmäßig unabhängig kontrolliert – so sieht es das Genossenschaftsgesetz vor. „Das bietet allen eine große Sicherheit“, freut sich Clemens Adam.

Bei all den sachlichen Vorteilen, die die Mitglieder am Modell loben, vergisst Adam eins nicht zu erwähnen: „Feiern – das können wir hier richtig gut!“ Da ziehen die wenigsten die Tür hinter sich zu.

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