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Münsterland

Ausgrabung an der Stubengasse: Rätsel der Leichenfunde gelöst

Klaus Baumeister

Münster. Archäologie kann so spannend sein. Als ein Forscherteam Ende der 90er Jahre auf dem Stubengasse-Parkplatz buddelte, da standen bald Hunderte Schaulustige an den Zäunen. Der Grund: Das Team um den Grabungsleiter Stephan Winkler stieß auf einen historischen, vermutlich nicht genehmigten Friedhof.

Wie eng es dort zugegangen war, machte Winkler gestern noch einmal bei einem Vortrag im Rathaus deutlich: „Auf 41 Quadratmetern fanden 50 Bestattungen statt.“ Teilweise lagen bis zu fünf Leichen übereinander. Es gab Leichen in Rücken-, Seiten- und Bauchlage, Leichen in längs, Leichen in quer.

Der Grund für den Winkler-Vortag war gestern die Vorstellung des über 300 Seiten starken Buches „Die Stadt Münster – Ausgrabungen an der Stubengasse 1997–1999“. Es dokumentiert sämtliche Funde – und präsentiert auch eine Interpretation der Friedhofsgeschichte.

Vermutlich, so Winkler, wurden hier im 18. Jahrhundert mittelose Verstorbene aus dem benachbarten Clemenshospital bestattet, zumal in dem Krankenhaus auch viele Nicht-Münsteraner und Nicht-Katholiken behandelt wurden.

In einem Fall musste eine Leiche sogar für ein medizinisches Experiment herhalten. „Fachgerecht“, wie Winkler betonte, wurde hier die Schädeldecke abgetrennt.

Dass die Archäologen auf der Stubengasse überhaupt zu Werke gehen durften, hängt mit entsprechenden gesetzlichen Vorgaben zusammen. Wenn Neubauten an einer stadthistorisch markanten Stelle geplant sind, müssen Archäologen die Chance bekommen, im Vorfeld der Versiegelung graben zu dürfen. Bei der Stubengasse stand diese Bedeutung nie außer Frage, befanden sich hier doch früher einmal ein Klarissenkloster, Bürgerhäuser, das Clemenshospital und vieles mehr.

Stadtdirektor Hartwig Schultheiß wies in seiner Ansprache auf das gute Einvernehmen zwischen Archäologen und Bauherrn in Münster hin. Nahezu immer gelinge es, vereinbarte Zeitpläne einzuhalten. Münsters Archäologen, so der Stadtdirektor, „sind berechenbar, weil sie so früh zum Einsatz kommen“.

Schmunzelnd ergänzte Hartwig Schultheiß, dass die vielen Baugruben in der City zuweilen kritisch beäugt würden. Die Archäologen indes dürften sich freuen: „Wir bieten ihnen reichlich Betätigungsfelder.“

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