Alte Schweinerasse hat auch in der Region Liebhaber
Die Rückkehr der Swatbunten
Epe/Heek/Schöppingen
Schweinefleisch aus Massentierhaltung ist bei uns in Deutschland ein preiswertes und immer verfügbares Produkt. Wer jedoch gern mal ein besonders gutes Stück Fleisch mit Herkunftsnachweis isst, landet vielleicht wie ein Eperaner beim Bunten Bentheimer Landschwein. Ihm ist allerdings nicht nur die Herkunft der Tiere bekannt. Er, der namentlich nicht genannt werden möchte, hält selbst stets drei von ihnen für den Eigenbedarf.
Das Bunte Bentheimer, ein geflecktes Landschwein, gilt laut „Liste gefährdeter Nutztierrassen“ zwar noch als extrem gefährdet, erlebt zurzeit aber eine kleine Blüte. Die im 19. Jahrhundert aus Kreuzungen mit englischen Schweinen, unter anderem Berkshire, entstandene Rasse war früher hauptsächlich in der namengebenden Grafschaft Bentheim, aber auch im Emsland, in Cloppenburg und in Wettringen unter dem Namen Swatbunte vertreten. In den 1950er-Jahren waren diese Swatbunten beliebt. Denn aufgrund ihrer hohen Fruchtbarkeit sind sie einfach zu züchten und wegen ihrer Genügsamkeit günstig zu halten. Dann aber, als alle nur noch mageres Fleisch wollten, verloren die Bunten Bentheimer immer mehr an Bedeutung. „Sie haben mehr intramuskuläres Fett als die heute gängigen Hybridschweine“, sagt Christoph Laschke , Fleischermeister in Heek. In seinem Fleischerfachgeschäft bietet er seit Jahren Fleisch und Schinken von Bunten Bentheimern an. Er ist von der Qualität überzeugt: „Sie liefern schmackhaftes Fleisch mit einem intensiven Geschmack.“
Große Mengen preiswerten, mageren Fleisches sind jedoch nur mit Hybridschweinen in
entsprechenden Mastanlagen zu erzeugen. So wurde das Bunte Bentheimer für Landwirte immer uninteressanter. Vor gut 30 Jahren gab es dann nur noch einen Züchter in Isterberg (Schüttorf), der sich mit großer Hartnäckigkeit für den Erhalt der Rasse einsetzte. Mittlerweile finden sich bundesweit Zuchtbetriebe und von „Nordschwein“, der Züchtervereinigung für alte Schweinerassen, wird ein Herdbuch geführt.
Für die Züchtervereinigung ist in der Region Münsterland Johannes Hillmann aus Schöppingen zuständig. Auf seinem Hof hält er unter anderem mehrere Dutzend Sauen und fünf Eber der Bunten Bentheimer. Hillmann züchtet sie seit über zehn Jahren. „Ich wollte eine Rasse, die wenig anfällig ist. Damit ist man im Prinzip bei den alten Rassen, und die Bunten Bentheimer haben ihren Ursprung hier in der Region. Professionell kann man sonst bei den alten Rassen eigentlich nur noch mit dem Schwäbisch-Hällischen Landschwein arbeiten, aber das stammt nun mal nicht aus der Region.“
Johannes Hillmann
Seine Schweine haben Platz. In den Ställen ist der Boden mit viel Stroh ausgestreut.
Nach draußen können sie jederzeit, und sie können einzeln in Gitterboxen fressen. „In den Boxen ist sichergestellt, dass rangniedere Tiere nicht vom Trog weggedrängt werden und auch trächtige Sauen eine ausreichende Futtermenge aufnehmen können“, erklärt Johannes Hillmann, während ein offensichtlich gesättigtes Schwein rückwärtslaufend mit Getöse eine solche Box verlässt. „Schweine sind intelligente Tiere, die schnell lernen wie sie eine Box öffnen und schließen können“, kommentiert der Landwirt das Geschehen. Das Futter wird auf seinem Hof täglich frisch aus eigenem Getreide, Mais und Grassilage sowie aus Biertreber einer münsterischen Brauerei gemischt.
Der Eperaner dagegen betreibt einen noch größeren Aufwand mit seinen drei Bunten Bentheimern, da er nur für den Eigenbedarf mästet. Seine Schweine sind das ganze Jahr über draußen. Er wohnt aber auch im Außenbezirk und hat viel Platz. Für diese Freilandhaltung nimmt er strenge Auflagen des Veterinäramtes in Kauf. Beispielsweise hat er einen doppelten Zaun errichtet. Seine Schweine werden zwar täglich gefüttert, wühlen aber entsprechend ihrer Natur auch gern in der Erde – ihre Wiese haben sie mittlerweile in etwas Ackerähnliches verwandelt. Sie haben einen Stall, in den sie sich jederzeit zurückziehen können, und außerdem einen Unterstand mit aufgehängten Holzstücken zum Spielen. Wenn es im Sommer heiß ist, bringt er zusätzlich Wasser zu den Tieren, damit sie eine Schlammecke zum Suhlen haben. Knapp ein Jahr füttert er sie mit Sauenfutter, gekochten Kartoffeln, Gemüse aus dem eigenen Garten und jetzt im Herbst auch mit Eicheln. Ende November/Anfang Dezember sollen die Bunten Bentheimer dann geschlachtet werden. Seine ganze Familie wird beim Wursten und Schinkenmachen eingebunden. „Die Kinder lernen so, was man alles für gutes Essen tun muss“, nennt er einen gewünschten Nebeneffekt.
Auch bei Hillmann werden die Bunten Bentheimer etwa ein Jahr alt. Sie wachsen
langsamer als die weit verbreiteten Hybridschweine, die schon nach etwa sechs Monaten ihr Schlachtgewicht erreicht haben. Die eigene Mast ist für den Schöppinger eines seiner Standbeine als Landwirt, daher muss er anders rechnen. „Ich habe kürzlich ein Supermarktangebot gesehen: ein Kilo Schweinefilet für 6,60 Euro. Ein Kilo Filet von den Bunten Bentheimern kostet dagegen etwa 36 Euro. Damit bin ich schon im oberen Preissegment. Würde ich noch größeren Aufwand betreiben, müsste sich das auch im Preis darstellen“, sieht er auch Grenzen bei seiner sowieso schon kleinen Klientel, für die in aller erster Linie Qualität und Geschmack entscheidend seien.
Als Züchter verkauft Hillmann einen Teil seiner Ferkel weiter an Mäster. Für die selbst gemästeten Tiere läuft die anschließende Vermarktung über den eigenen Hofladen und vor allem über Wiederverkäufer im Ruhrgebiet, die er wöchentlich beliefert. „Man muss in engem Kontakt zu den Abnehmern stehen, um den Bedarf zu kennen. Mast und Verkauf müssen sich ungefähr die Waage halten“, sagt er.
Fleischermeister Christoph Laschke
Fleischermeister Laschke bezieht die Schweine für sein Fachgeschäft von einem Hof in Havixbeck. Bereits vor fast 15 Jahren war er über Treffen der Slow-Food-Gruppe in Münster mit Produzenten von Bunten Bentheimern in Kontakt gekommen. Laschke legt Wert auf persönliche Beziehungen zu den Erzeugern aus der Region. Am liebsten nimmt er Tiere von „kleineren Höfen mit vernünftiger Aufzucht“. „Das ist mir wichtiger als ein Biosiegel“, sagt er. Laschke schlachtet zwar nicht mehr selbst. Er sucht sich aber die Tiere aus, die er haben möchte und lässt sie schlachten. „Es gibt hier in Westfalen Premiumprodukte wie den Westfälischen Knochenschinken. Und der Schinken von den Bunten Bentheimern stellt in diesem Zusammenhang das Extravagante der Region dar.“ Qualität ist das A und O für ihn und so wird beispielsweise einem handgesalzenen Schinken viel Zeit zum Reifen gelassen. „Knochenschinken reift bei uns statt der vorgeschriebenen drei Monate etwa zehn Monate und Schinken von Bentheimer Landschweinen 18 Monate bis zu zwei Jahren“, erklärt Laschke, der in mittlerweile dritter Generation das gleichnamige Fleischerfachgeschäft in Heek führt.
Auch wenn die Nachfrage nach Fleisch von Bentheimer Landschweinen in den vergangenen fünf Jahren langsam gewachsen sei, wie Hillmann bestätigen kann, ist es ein Nischenmarkt. Von den jährlich etwa 6000 geschlachteten Bunten Bentheimern würden nur etwa 2000 auf den Markt kommen, schätzt Hillmann. „Bei den anderen wird der Absatz privat organisiert.“ Von den sonst üblichen Hybridschweinen werden jährlich in Deutschland über 50 Millionen geschlachtet, stellt er eine Größenrelation her.
Hillmann ist froh darüber, dass Zuchtbetriebe für die Bentheimer Landschweine in ganz Deutschland bestehen. „So ist die Gefahr verringert, dass bei einem Seuchenzug die Rasse komplett ausradiert wird.“ In diesem Zusammenhang nennt er die Afrikanische Schweinepest, die im Osten bereits in Tschechien und Polen angekommen ist.
In den vergangenen zehn Jahren, so Hillmann, seien auch die Inzuchtwerte deutlich reduziert worden. Dabei bezieht er sich auf das von „Nordschwein“ betreute Inzuchtberechnungsprogramm. Schließlich darf man nicht vergessen, dass alle Bunten Bentheimer Landschweine ihren Ursprung auf dem Hof in Isterberg haben.
Um eine alte Rasse vor dem Aussterben bewahren und wirtschaftlich etablieren zu können, ist zweifellos großes Engagement erforderlich. Auf der einen Seite sind die Züchter für die Erhaltungszucht zur Biodiversität gefragt, und auf der anderen Seite die Mäster sowie die Fleischer und Vermarkter, die attraktive Produkte aus den Tieren herstellen. Letztendlich müssen dann noch die Fleischkonsumenten den ganzen Aufwand honorieren und: Es sich schmecken lassen!
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