Gedenken an Novemberpogrome mit Zeitzeugen und Erstaufführung
Erinnern ohne Grenzen
Gronau
In diesem Jahr wäre sie 90 Jahre alt geworden: Anne Frank, das weltweit bekannteste Opfer der Judenverfolgung unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Das Mädchen aus Frankfurt steht im Mittelpunkt der „Woche der Erinnerung“ – auch bei einer musikalischen Deutschlandpremiere.
In diesem Jahr wäre sie 90 Jahre alt geworden: Anne Frank, das weltweit bekannteste Opfer der Judenverfolgung unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Dass ihre Stimme bis heute nicht verstummt ist, ist in Gronau vor allem der alljährlichen „Woche der Erinnerung“ zu verdanken. In diesem Jahr sind vom 30. Oktober bis 10. November wieder Veranstaltungen geplant, die an die Novemberpogrome 1938 erinnern. Im Zentrum dabei: Anne Frank und ihre Leidensgenossen.
„Anne Frank: A Living Voice“
Die Woche der Erinnerung ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der Evangelischen Kirchengemeinde Gronau, der Katholischen Kirchengemeinde St. Agatha, der Fridtjof-Nansen-Realschule, der Euregio-Gesamtschule und des Förderkreis Alte Synagoge Epe. Teilnehmer von dies- und jenseits der Grenze und eine Veranstaltung, die in Gronau, Münster und auch Enschede stattfindet, machen die diesjährige Woche der Erinnerung „grenzenlos“. Erstmalig dabei: die VHS Gronau. Und ein besonderer Höhepunkt im Programm: die deutsche Erstaufführung der Komposition „Anne Frank: A Living Voice“.
Bürger zum Mitmachen eingeladen
„In diesem Jahr dauert es etwas mehr als eine Woche“, erklärte Rudi Nacke vom Förderkreis Alte Synagoge bei der Präsentation der Veranstaltungsreihe, „weil die Säuberung der Stolpersteine schon am 30. Oktober stattfinden soll“. An diesem Tag (einem Mittwoch), werden zeitgleich Schüler der beteiligten Schulen in den beiden Ortsteilen die Stolpersteine zum Gedenken an die verschleppten und getöteten jüdischen Mitbürger reinigen. „Wir haben das im letzten Jahr zum ersten Mal gemacht“, erklärte Rudi Nacke. „Das ist gut angekommen.“ Darum seien auch alle Bürger eingeladen, „dazuzukommen und mitzumachen“, so Rudi Nacke. Rechtzeitig zur Woche der Erinnerung soll außerdem die Stolperstein-Broschüre neu aufgelegt werden, die auf 36 Seiten und farbig bebildert die Steine und die Geschichten dahinter zeigt und erläutert. Nacke: „Das wird Heft 1 einer neuen Reihe, die der Förderverein herausgibt.“
Konzertproduktion kostet über 10 000 Euro
Ebenfalls aus der Kooperation im Vorjahr heraus entstand die Idee zu dem Konzert, das sicherlich einen Höhepunkt der Woche der Erinnerung bilden wird: „Anne Frank: A Living Voice“ ist eine Komposition der US-Amerikanerin Linda Tutas Haugen, die über Originalzitate aus Anne Franks Tagebuch entstanden ist. Die deutsche Erstaufführung (und zugleich auch die Nederlandse premiere) des Stücks findet am 2. November (Samstag, 19.30 Uhr) in der Evangelischen Stadtkirche statt unter der Leitung von Marion Röber. Die Chorleiterin wird mit dem Frauenchor „Bella Donna“ Annes Stimme lebendig werden lassen wird. Unterstützt werden sie dabei vom Streichquartett „Voirin Quartett“ (das zudem das Streichquartett „Rosamunde“ von Franz Schubert spielen wird) und Schülerinnen der Fridtjof-Nansen-Realschule.
Ob die Komponistin persönlich anwesend sein wird, steht noch nicht endgültig fest, Es sei aber im Gespräch und durchaus wahrscheinlich, so Rudi Nacke. Allein die Kosten für die Konzertproduktion belaufen sich laut Nacke auf etwa 10 000 Euro, die durch Spenden von Sponsoren gedeckt werden. Nach der Premiere in Gronau wird das Konzert auch in der Synagoge in Münster (12. November) und in der Synagoge Enschede (20. November) gespielt.
Weitere Programmpunkte
Am 5. November (Dienstag) wird in Kooperation mit der Euregio-Volkshochschule Gronau der Zeitzeuge Bert Woudstra im Pfarrhof St. Agatha ab 19 Uhr seine Geschichte vom Überleben im Untergrund erzählen. Titel der Veranstaltung: „Anne Frank war nicht allein“.
Am 8. November (Freitag) findet um 10 Uhr die traditionelle Kranzniederlegung an der Alten Synagoge an der Wilhelmstraße in Epe statt. Auch hier sind alle Mitbürger herzlich eingeladen, so die Veranstalter.
Der offizielle Hauptakt der Woche der Erinnerung wird am 9. November (Samstag) um 17 Uhr am Alten Rathausturm in Gronau beginnen. Hier werden die Schüler und Schülerinnen, aber auch Vertreter der Stadt und von Institutionen in Beiträgen an die Pogrome erinnern, bevor alle gemeinsam zum Platz der ehemaligen Synagoge am Kurt-Schumacher-Platz gehen, um Blumen niederzulegen. „Da würden wir uns über eine rege Beteiligung freuen“, so Rudi Nacke.
Pastoralreferentin Anne Grothe
Die Woche der Erinnerung endet schließlich mit einem ökumenischen Gottesdienst am 10. November (Sonntag) um 11 Uhr in der Evangelischen Kirche Epe. Nicht ohne Grund: „Die Kirchen haben auch ihren Part in der Geschichte“, so Pastoralreferentin Anne Grothe, „sowohl mitschuldig als auch im Widerstand. Darum ist es wichtig, dass wir den Gottesdienst haben.“
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