Landespolitik thematisiert Urenco
Neuer Anlauf der Grünen
Gronau/Düsseldorf
Die Urenco pocht auf gültige Verträge, die noch bis 2042 laufen. Atomkraftgegner wollen dagegen erreichen, dass die Urananreicherung in Gronau möglichst bald endet. Nun befassen sich – wieder mal – Landtagsgremien mit dem Thema.
Die Urananreicherungsanlage beschäftigt erneut Gremien des Landtags. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat beantragt, die Urananreicherung in Gronau zu beenden und die Urantransporte zu stoppen. Der Umweltausschuss des Landtags wird sich am Mittwoch (24. Februar) mit dem Thema befassen, bevor sich später auch der Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Themas annimmt.
Mehrere schriftliche Stellungnahmen liegen vor. So begründet die Grünen-Fraktion ihren Vorstoß mit dem Atomgesetz: 2022 endet in Deutschland die Stromerzeugung in deutschen Atomkraftwerken. Der Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage widerspreche dem Ziel des Atomausstiegs. Mit Brennelementen, die aus in Gronau angereichertem Uran hergestellt werden, würden immer noch Hochrisikoreaktoren betrieben.
Export nach Russland
Der Export von abgereichertem Uran stelle ein weiteres Problem dar. Die Grünen sehen in dem Material, das als abgereichertes Uranhexafluorid (UF6) nach Russland exportiert wird, radioaktiven Abfall. Die Betreibergesellschaft Urenco dagegen deklariert das abgereicherte Material als Wertstoff. Das in dem exportierten Material enthaltene Uran beinhalte einen Anteil von etwa 0,1 bis 0,4 Gewichtsprozenten an Uran 235, schreibt Geschäftsführer Joachim Ohnemus in seiner Stellungnahme. In Natururan liegt der Anteil bei 0,711 Prozent. Der Anteil könne durch einen nochmalige Anreicherungsprozess dem Brennstoffkreislauf wieder zugeführt werden.
Doch selbst wenn das so ist, sei nach Ansicht der Grünen der tatsächliche Verbleib des abgereicherten Uranhexafluorids in Russland unklar, eine wirtschaftliche Nutzung kaum möglich. Bisher seien nur verschwindend geringe Anteile an angereichertem Uran aus Russland nach Gronau zurückgeliefert worden. Außerdem komme ein Rechtsgutachten zum Schluss, dass der Export nicht im Einklang mit den Sanktionen gegen Russland aufgrund der Annexion der Krim steht.
Militärische Nutzung denkbar
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte im vergangenen Jahr ein Gutachten in Auftrag gegeben. Darin kommt Gutachter Prof. Dr. Bernhard Wegener von der Universität Erlangen-Nürnberg zum Ergebnis, dass die Exportgenehmigung für das abgereicherte Uran mit geltendem Recht unvereinbar ist.
Grund: Es sei nicht auszuschließen – weil nicht kontrollierbar – dass das angereicherte Uran aus Gronau in Russland nicht doch militärisch genutzt werde. Es sei bekannt, dass Russland abgereichertes Uran zur Herstellung von Uranmunition genutzt habe. Ob darunter auch Material aus Gronau war, lasse sich Wegeners Auffassung nach nicht überprüfen. Die Urenco sieht das anders.
Sie habe die Exportgenehmigungen vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen erhalten. Die russischen Empfänger hätten erklärt, dass das abgereicherte Uran nicht im Zusammenhang mit nuklearen Waffen, als Munition oder für die Verletzung von Menschenrechten, sondern nur für zivile Zwecke eingesetzt werde.
Die Schließung der Urananreicherungsanlage sei zudem nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Geschäftsführer Ohnemus verwies unter anderem auf Bestandschutz im Sinne der Eigentumsfreiheit, aber auch auf die Urenco-Verträge. Sie stünden einer Schließung der Anlage entgegen. Eine Lösung von diesen Verträgen komme erst 2042 in Betracht. Bis 2036 müssten zudem den Betrieb von Urananreicherungsanlagen beeinträchtigende Initiativen unterlassen werden, so Ohnemus. Er wies auch auf die politischen Folgen einer Schließung hin. Sie würde zu einem erheblichen Ansehensverlust Deutschlands im Hinblick auf seine Verlässlichkeit als völkerrechtlicher Vertragspartner führen.
Die Initiative Sofortiger Atomausstieg Münster (Sofa) weist in ihrer Stellungnahme auf die Gefahren der Urananreicherung, den problematischen Kundenstamm der Urenco und die Militarisierung der Urananreicherung sowie die Atommüllproblematik hin.
Die Gefahren reichten von denen beim Uranabbau über die radiologischen und toxischen Gefahren aus dem Normalbetrieb der Anlage in Gronau und den dazugehörigen Urantransporten über die Gefahren von Störfällen, Flugzeugabstürzen und Terroranschlägen bis hin zu Sabotage, Spionage und Proliferationsrisiken sowie der direkten Nutzung des Urans für militärische Zwecke.
Lagerhalle seit sechs Jahren ungenutzt
Angesichts der enormen Mengen an abgereichertem Uranhexafluorid, die jährlich anfallen, hat die Landesregierung der Urenco zur Auflage gemacht, eine Lagerhalle für Uranoxid auf dem Gelände der UAA zu errichten. Hintergrund der Auflage ist die Tatsache, dass Uranhexafluorid langfristig kein stabiler Stoff für eine Dauerlagerung ist. Durch ein chemisches Verfahren wird UF6 in Uranoxid umgewandelt und damit in einen lagerfähigeren Zustand verwandelt. Die Uranoxid-Halle in Gronau wurde 2014 fertiggestellt, steht aber zurzeit noch leer. „Warum steht diese Halle leer? Die Antwort ist einfach: Wenn abgereichertes UF6 erst einmal in Uranoxid umgewandelt worden ist, ist die Illusion eines ,Wertstoffes‘ kaum noch aufrecht zu erhalten. Eine nochmalige Rück-Umwandlung in UF6 zur Wiederanreicherung wäre noch teurer und unwirtschaftlicher als die reine Wiederanreicherung ohnehin schon. Urenco würde also eindeutig ein Atommüll-Lager in Betrieb nehmen“, argumentiert die Sofa.
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