Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Gronau besteht seit zehn Jahren
Von PSA-Wert bis zu Potenzfragen
Gronau
Eigentlich ist es ganz einfach: „Die einen erzählen“, sagt Antonius Boes, „die anderen hören zu“. Gespräch, Austausch, ein offenes Ohr – seit zehn Jahren trifft sich regelmäßig einmal im Monat die Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Gronau, um genau das zu bieten, was Basis jeder Selbsthilfe ist.
Von anfänglich 14 Betroffenen sind heute noch neun dabei. Darauf sind die Männer stolz. Es bedeutet, dass sie stärker waren als der Krebs. „Wir hoffen alle: Wir haben ihn gehabt und er ist weg“, sagt Antonius Boes, der die Gruppe seit fünf Jahren führt.
„Was wir uns wünschen“, erklärt er, „ist, dass mehr junge Leute kommen und die Vorsorge in Anspruch nehmen“. Er und die anderen Mitglieder wissen: Früh erkannt, lässt sich dem Prostatakrebs besser und effektiver Paroli bieten.
34 Mann stark ist die Gruppe inzwischen geworden – keiner wie der andere. Der Älteste ist 86, der Jüngste 55. Und jeder Krebs, jede Geschichte ist so niederschmetternd wie individuell. „Ich vergesse nie den Moment, als ich meine Diagnose bekam“, sagt einer nachdenklich. Stille breitet sich aus im Raum. Alle haben diesen Moment erlebt, als der Arzt ihnen eröffnete, dass sie Krebs hätten. Dann die Ängste – um die Potenz, wegen einer möglichen Inkontinenz, und schlicht auch ums nackte Leben.
„Potenz, Kontinenz, Leben“, habe er zum Arzt gesagt, erzählt einer. Darum ginge es nun. Dass die Reihenfolge eine andere sein könnte, darauf sei er spontan gar nicht gekommen. „Meine Frau hat mir das Leben gerettet“, erzählt ein anderer. Sie habe ihn zur Vorsorgeuntersuchung gedrängt, bei der dann ein erhöhter PSA-Wert festgestellt wurde – das erste Alarmzeichen, auf das bei der Vorsorge geachtet wird.
Das „Prostataspezifische Antigen“ (PSA) ist ein Eiweiß, das nur von Prostatazellen gebildet wird. Entsprechend kann man aus seiner Menge Veränderungen ableiten. Nicht immer bedeutet es, dass Krebs die Ursache ist. Leider aber oft.
Viele, die hier um den Tisch im Konferenzraum bei Vita im St.-Antonius-Hospital sitzen, hatten bis zu ihrer Diagnose keine Ahnung von PSA-Wert, von Hormontherapien, von „Nerven schonenden“ Operationen oder Bestrahlungen – geschweige denn davon, wo genau die Prostata sitzt oder wozu sie dient.
„Männer gehen nicht gern zum Arzt“, bekennt einer. Dabei ist Prostatakrebs immer auch einer, der die Partnerschaft betrifft. Impotenz und Inkontinenz sind Schreckgespenster, die mit der Diagnose Hand in Hand gehen. Darum hat die Gronauer Selbsthilfegruppe auch von Beginn an die Partnerinnen mit einbezogen in ihre Arbeit – immer unterstützt vom St.-Antonius-Hospital, wo die Gruppe die Räume nutzen kann.
Während sich die Männer treffen, gehen die Frauen gemeinsam etwas trinken. Sie haben eine eigene Nachrichtengruppe und sind bei vielen Infoveranstaltungen mit dabei. Keine Selbstverständlichkeit: „Von 54 Gruppen in NRW sind wir wohl die einzige, bei der die Frauen so stark einbezogen werden“, erklärt Antonius Boes.
„Mir hat geholfen, dass ich offen damit umgegangen bin“, sagt einer. „Ich habe aber gemerkt, dass das viele nicht so gut können.“ Genau das sei der Vorteil der Selbsthilfegruppe: „Dass ein Tabuthema ganz locker behandelt werden kann.“ Manch einer kann der Diagnose sogar etwas Positives abgewinnen: „Man lebt bewusster“, sagt einer der Jüngeren. „Ich habe mein ganzes Leben umgestellt.“ Weniger Jobstress, mehr Zeit für die Familie – die Prioritäten verschieben sich. Gemeinsame Neujahrsessen, Ausflüge, Besuche beim Universitätsklinikum Münster zu Infoveranstaltungen mit der Selbsthilfegruppe gehören dazu.
Auch der 3. September steht fest im Kalender: Dann begeht die Gruppe ihr zehnjähriges Bestehen. Ab 17 Uhr gibt es in der Krankenpflegeschule ein offizielles Festprogramm mit Vorträgen für Mitglieder und Interessierte. Denn: „Ein Geheimnis daraus zu machen“, sagt einer, „das ist nicht der Gipfel. Wir müssen darüber reden.“
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