Abschlussfeier der Sekundarschule Horstmar/Schöppingen
Der Schöppinger Adel verlässt den Hof
Schöppingen
Mit ihrem Motto haben die Zehntklässler der Sekundarschule Horstmar/Schöppingen die Grundlage für eine humorvolle, aber auch gleichzeitig nachdenkliche Abschlussfeier gelegt: Kniet nieder ihr Narren, der Adel verlässt den Hof.
Die Narren, die Lehrer, sind die Untertanen der Schüler und dürfen sich an diesem Freitagnachmittag vor den Jugendlichen tief verbeugen. Doch gleichzeitig waren auch die Schüler die Narren, zumindest sechs Jahre. Die Lehrer seien erleichtert, „dass sie wieder eine Generation voller Narren überstanden haben“, so die Schülersprecher Julia Scheller und Philipp Gerwing.
„Vor sechs Jahren standen wir hier und haben als Narren angefangen und nun stehen wir hier, haben uns hochgearbeitet und verlassen die Schule als Adel“, so die Schülersprecher. Sie hätten viele Erfahrungen, Freunde und Selbstbewusstsein gesammelt, sodass die Schülersprecher feststellten: „Wir haben es geschafft!“
Mit den Narren und dem Adel ist das aber so eine Sache. Wie vieles im Leben gibt es auch bei ihnen zwei Seiten einer Medaille. Der Narr sollte ursprünglich nicht belustigen, so der Schulpflegschaftsvorsitzende Karsten Möhle: „Er war die Stimme des Volkes im Ohr des Adels. Er durfte sich Dinge herausnehmen, die anderen verboten waren. So wie eure Lehrer.“
Mit ihrer Stimme hätten die Narren mächtigen Einfluss auf die Menschen gehabt, meinte Karsten Möhle. „Sie konnten aktiv an dem Leben der Gesellschaft mitwirken, so wie eure Lehrer ihr Wissen an euch vermittelt haben“, sagte der Schulpflegschaftsvorsitzende.
Für Schulleiter Hubertus Drude sind der Narr und der Adel geschichtlich unzertrennbar verbunden. Der bekannteste Narr war im 14. Jahrhundert Till Eulenspiegel. Er wollte „den Leuten verständlich machen, dass das getreue Kleben am Buchstaben der Gesellschaft schadet und die Menschen stattdessen ihren Geist gebrauchen sollen.“ Der Narr übte Kritik an den Oberen. „Zu Anlässen wie Karneval leben sie auch in Schöppingen weiter.“
Drude zeigte den Schülern eine weitere Seite ihres Abschlussmottos auf: In Deutschland wurden alle Vorrechte des Adels mit der Verfassung der Weimarer Republik am 11. August 1919 abgeschafft. Drude: „In Schöppingen spätestens nach der Entlassung des Kaisers Wilhelm (Münch, ehemaliger stellv. Schulleiter, Anm. der Red.) 2016.“
Schon im späten Mittelalter habe es Narrenausbilder, also Lehrer, gegeben, die „auffällige Kinder aus der Umgebung zusammensuchten und diese zu Hofnarren ausbildeten“, so Drude.
Für den Abschlusstag könne er sich aber auch den Ehrenkodex der Vertretung der europäischen Adelsverbände im Schulprogramm vorstellen. Respekt gegenüber anderen religiösen Traditionen, Förderung der Menschenrechte unabhängig von Herkunft und sozialer Lage sowie die Übernahme von Verantwortung werden dort unter anderem aufgeführt. Wenn das die Adeligen, die Schüler, auszeichnet, wäre Hubertus Drude sicherlich sehr zufrieden.
Schöppingens Bürgermeister Franz-Josef Franzbach zog einen Vergleich zum Fußball. „Jetzt ist Ihr Trainingslager Schule beendet, endlich dürfen Sie aufs Spielfeld, der Anpfiff ist erfolgt und Sie sind am Ball.“ Die Jugendlichen sollten aber auch nach links und rechts schauen, um die Mitspieler nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren. „Und wenn Sie nicht gleich ein Tor schießen, nicht verzagen, der nächste Angriff kommt bestimmt und Ihre nächste Chance damit auch“, sagte Franzbach.
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