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Diskussion zur Windkraft

„Eine unerträgliche Situation“

Havixbeck

Mit der Bürgerinitiative „Gegenwind Havixbeck-Hohenholte“ tauschten sich Bürgermeister Klaus Gromöller und Fachbereichsleiterin Monika Böse intensiv aus. Am Donnerstag (14. Februar) steht im Gemeinderat die Änderung des Flächennutzungsplan im Teilbereich Windenergie zur Entscheidung an.

Frank Vogel

Die Bürgerinitiative „Gegenwind Havixbeck-Hohenholte“ hatte zum Gesprächsabend eingeladen (v.l.): Dr. Heinz Kellinghaus, Gabriele Schleiner, Hans Gabbert, Dr. Knut Metzler, Thomas Ruck (alle Bürgerinitiative), Moderator Heinrich Schleiner jr. sowie Bürgermeister Klaus Gromöller und Fachbereichsleiterin Monika Böse. Foto: Frank Vogel

Soll der geänderte Flächennutzungsplan, Teilbereich Windenergie, verabschiedet werden oder soll der Beschluss ausgesetzt werden? Diese Frage muss der Gemeinderat heute (Donnerstag) in seiner Sitzung (Beginn um 19 Uhr im Rathaus) beantworten. Am Dienstagabend waren Bürgermeister Klaus Gromöller und Fachbereichsleiterin Monika Böse zu Gast bei der Bürgerinitiative „Gegenwind Havixbeck-Hohenholte“, um darüber zu sprechen. In einer trotz des emotionalen Themas sehr sachlichen, von Heinrich Schleiner jr. souverän geleiteten Diskussion brachte die Bürgerinitiative noch einmal ihre Argumente für eine Aussetzung des Beschlusses vor. Bürgermeister Gromöller erklärte die Position der Verwaltung.

Die Bürgerinitiative führte den Schutz der Menschen, der Kulturlandschaft und der Natur auf. Dr. Heinz Kellinghaus verwies auf inzwischen bekannte Folgen von Infraschall, der von Windkraftanlagen ausgeht, wie etwa Schwindel, Schlaflosigkeit oder Anstieg der Stresshormone. Gabriele Schleiner führte unter anderem die Zerstörung der historischen bäuerlichen Kulturlandschaft durch die „Monster“-Anlagen an.

Die Bürgerinitiative und der überwältigende Teil der Anwesenden im proppenvollen Versammlungsraum des Torhauses setzt darauf, dass bei einer Verschiebung der Entscheidung nicht nur weitere Forschungsergebnisse die Gesundheitsschädlichkeit der Windkraftanlagen belegen, sondern auch auf die Verabschiedung neuer Gesetze auf Bundes- und Landesebene, die vor allem andere Abstandsregelungen (1500 Meter) festlegen.

Diese politischen Bestrebungen seien ihm bekannt, erklärte Bürgermeister Klaus Gromöller. Allerdings gebe es diese neuen Gesetze noch nicht. „Und bis die umgesetzt werden, vergeht eine unkalkulierbare Zeit.“ Derweil lägen beim Kreis die Anträge der Investoren für Windkraftanlagen vor, die den Druck erhöhten. Hauptargument für ihn und die Verwaltung sei, dass die Gemeinde nur über den geänderten Flächennutzungsplan die Möglichkeit habe, den Bau von Windkraftanlagen zu steuern. „Wenn wir dieses Instrument aus der Hand geben, dann können wir die Menschen nicht mehr schützen.“ Windkraftanlagen könnten dann überall im Gemeindegebiet beantragt werden und andere Stellen würden darüber entscheiden.

Aus juristischer Sicht hatte Hans Gabbert eine andere Einschätzung. Er erklärte, dass Genehmigungsverfahren rund acht Monate dauern, die Gemeinde dann ihr Einvernehmen verweigern kann. Wenn das auf der Grundlage des alten Flächennutzungsplanes geschehe, könnten die Investoren gegen den Kreis klagen. Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgericht. Gehe man durch alle Instanzen, zögen noch einmal rund sechs Jahre ins Land. „Und für Investoren ist Zeit Geld. Sechs Jahre ohne Gewinn: Über diese Schiene kann man die Anlagen verhindern.“ Zugeben musste Gabbert, dass man nie sicher sein könne, wie solche juristischen Prozesse laufen. „Haben Sie den Mut, dieses Risiko einzugehen. Denn wenn der Rat den Flächennutzungsplan beschließt, werden die Anlagen unweigerlich kommen.“

Das sei eine politische Abwägungsfrage, sagte Bürgermeister Gromöller. Wenn die Genehmigungsverfahren beim Kreis beginnen, dränge die Zeit. Drei Monate brauche die Bezirksregierung für die Genehmigung des geänderten FNP, so lange gelte noch der alte. Und das Ins­trument der Veränderungssperre gebe es bei Flächennutzungsplänen nicht. „Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge.“

Gromöller betonte, dass der Gemeinderat, dessen Vorsitzender er ist, sich zu der Frage frei entscheiden könne. „Ich habe nur eine von 26 Stimmen.“ Er habe an diesem Abend etliche Argumente gehört: „Für mich ist die Entscheidung dadurch nicht leichter geworden.“

Dass die Entscheidung für Politiker und Verwaltung unglaublich schwer ist, das sahen wohl alle Gäste. „Das ist eine unerträgliche Situation“, konnte der ehemalige Ratsherr Jürgen Hövelmann nachempfinden. „Aber die Vorgaben werden sich massiv ändern, diese Chance sollten wir nutzen“, bat er unter dem Beifall der Zuhörer um die Aussetzung der Entscheidung.

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