Holocaust-Gedenktag am Stift Tilbeck
Erinnern an ehemalige Bewohner
Havixbeck
Am Stift Tilbeck wurde anlässlich des Holocaust-Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert – auch an die ehemaligen Bewohner des Stifts, von denen viele ermordet wurden. Gerade um die Opfer der Euthanasie gibt es aktuell eine politische Debatte.
„Vergessenen – Menschen – Begegnen“ steht auf drei großen Holzschildern, die Jugendliche der Münsterlandschule hochhalten. Gemeinsam mit knapp 150 anderen sind sie am Freitagmorgen am Stift Tilbeck zusammengekommen, um am Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz der Opfer des Holocaust zu gedenken.
„Wir hier in Tilbeck begehen diesen Tag ganz bewusst“, sagt Geschäftsführer Thomas Kronenfeld. „Auch von hier wurden 228 Bewohner deportiert und danach teilweise ermordet.“
Gekommen sind Bewohner von Stift Tilbeck, viele Schülerinnen und Schüler, Bewohner Havixbecks und der Umgebung. Das Gedenken an die Opfer sei ein fester Tag im Jahreskalender von Stift Tilbeck, so der Vorsitzende des dortigen Gemeinderates, Udo Sistermann. „Es ist die Zeit des Erinnern, des Zusammenkommens und des Einstehens dafür, dass Respekt und Würde ein wichtiges Gut sind“, sagt er. Nicht nur aus Tilbeck, aus ganz Europa wurden Menschen aus verschiedenen Motiven und Hintergründen durch die Nationalsozialisten verschleppt und ermordet.
Noch heute sei Diskriminierung und Herabwürdigung ein aktuelles Thema, sagt Sistermann. Alle gemeinsam könnten dafür sorgen, dass sich das ändert.
Jeder Mensch ist verschieden – und doch gleich
Vergessenen. Menschen. Begegnen. Jeder Buchstabe des Wortes „Menschen“ auf dem Schild strahlt in unterschiedlichen Farben. Alle Menschen seien unterschiedlich, aber doch gleich, betonen Schülerinnen und Schüler der Münsterlandschule. Alle seien Menschen, egal ob sie homosexuell oder heterosexuell sind, ob Mann oder Frau, ob sie christlich, jüdisch sind oder einer anderen Religion angehören, unabhängig von ihrer Hautfarbe, Gesundheit.
Das war früher nicht so. Eine Bewohnerin des Stifts erzählt von einer erst vor wenigen Monaten verstorbenen Mitbewohnerin, von Luzia Santi. Die Nationalsozialisten verachteten sie als lebensunwürdig, sie wurde im Jugendalter zwangssterilisiert. Sie konnte damals auf Kinder aufpassen, was ihr trotz Behinderung wohl das Leben rettete.
Anerkennung für Euthanasie-Opfer
1950 kam sie ins Stift Tilbeck – wo sie als lebensfroher Mensch das Alter von 103 Jahren erreichte.
Ihr und vielen anderen Menschen ist eine aktuelle Ausstellung unter dem Titel „Vergessenen begegnen. NS-Opfer aus dem Münsterland“ gewidmet, die noch bis zum 17. Februar in der Kapelle des Stifts Tilbeck besichtigt werden kann.
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