Heuerlingshäuser im Wandel
Vom „hässlichen Entlein“ zum „stolzen Schwan“
Havixbeck
Heuerlingshäuser fanden sich bis in die 197er-Jahre noch in weiten Teilen des Münsterlandes. Doch die einfachen Häuser verschwanden zusehends, auch in Havixbeck.
Mit Sicherheit können sich ältere Münsterländer noch an sie erinnern – die Heuerlingskotten. Bis in die 1970er-Jahre fand man sie überall im ländlichen Außenbereich des Münsterlandes: aufgegebene Heuerlingskotten; Wind und Wetter überlassen und langsam verfallend, gelegentlich noch als Stall oder Schuppen genutzt. Als schnell und billig gebaute und beengte Behausung der ländlichen Unterschichten galten sie als dörfliche „Schandflecken“.
Auch im Münsterland zahlten Kreise und Kommunen Abbruchprämien, um diese leer stehenden Kotten schnell verschwinden zu lassen – und damit auch das Wohnrecht im Außenbereich. Ein Heuerlingshaus aus Havixbeck, das komplett abgerissen wurde, ist als Beispiel ebenfalls in dem neuen Buch erwähnt.
Nur wenige der einstmals Abertausend Heuerlingshäuser haben diese Zeit überstanden. Fährt man heute durch den Nordwesten, erkennt man sie kaum wieder. Abseits vielbefahrener Wege haben seit den 1980er-Jahren kreative Menschen mit viel Liebe zum Detail, ungezählten Arbeitsstunden und offenbar auch dem Einsatz beachtlicher Summen eine Reihe der letzten verbliebenen Kotten für die Gegenwart bewahrt und daraus jeweils ein ganz individuelles Traumhaus – für sich oder eine Gemeinschaft – geschaffen.
„Während prunkvolle Adelssitze oder standesstolze Bauernhäuser vielfach in Bildbänden für die Nachwelt festgehalten worden sind, fanden die verbliebenen Behausungen der ländlichen Unterschicht im Raum zwischen niederländischer Grenze und Ostwestfalen-Lippe keine Aufmerksamkeit“, stellten die Autoren, der Emsländer Bernd Robben und der Historiker Dr. Helmut Lensing aus Greven, fest. Sie haben bereits gemeinsam ein Buch über das Heuerlingswesen verfasst, das schon fünf Auflagen erlebt hat. Für das neue Werk holten sie den Fotografen Martin Skibicki und den Maler Georg Strodt mit an Bord.
Mit kurzen Textinformationen und über 800 farbgesättigten Fotos von Haus und Hof zeigen sie, wie sich die damals einfachsten Behausungen der Heuerleute, in Westfalen vielfach auch Kötter genannt, inzwischen zu traumhaft schönen Landhäusern gewandelt haben. Die Bilder bieten viele Gestaltungsideen für Haus und Hof.
Der gehobene Wohnkomfort der heutigen Bewohner steht allerdings in einem starken Kontrast zum Leben der ursprünglichen Bewohner. Diesen Aspekt klammern die Autoren bei allen idyllischen Fotos keineswegs aus, weder im Bild noch im Text. In den nach den Regionen des Verbreitungsgebiets geordneten Kapiteln findet sich eine Reihe kurzer Fachaufsätze zum Thema „Heuerhäuser“ und „Leben im Heuerhaus“, die von der damaligen Bauweise von Heuerhäusern, dem Baurecht im Außenbereich, das Leben von Heuerlingsfrauen und -mädchen, dem kargen und gesundheitsschädlichen Leben in den engen und kalten Häusern bis zu den Streitigkeiten zwischen Bauern und Heuerlingen über deren Behausungen reichen.
Dazu konnten renommierte Fachleute gewonnen werden. Zu den Autoren zählen unter anderem etwa Dr. Christiane Cantauw von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, Dr. Christof Spannhoff vom Institut für vergleichende Städtegeschichte in Münster sowie der Volkskundler und Bauhistoriker Dr. Heinrich Stiewe vom Freilichtmuseum Detmold.
Zum Thema
Erhältlich ist das Buch „Heuerhäuser im Wandel“ für 29,90 Euro im Buchhandel, ISBN 978-3-9818393-2-6.
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