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Unternehmer äußern sich zur Vier-Tage-Woche

Arbeitszeitmodell mit Grenzen

Lüdinghausen

Über sie wird aktuell verstärkt diskutiert: die Vier-Tage-Woche. Die Verantwortlichen von Lüdinghauser und Seppenrader Unternehmen haben jeweils ihre ganz eigene Meinung zu dem Thema. Mag das Modell in der einen Branche – zumindest in Teilen – sinnvoll sein, lehnen es Fachleute aus anderen Berufszweigen gänzlich ab.

Von Heidrun Riese und Annika Wienhölter

Viele Arbeitnehmer wünschen sich eine Vier- statt einer Fünf-Tage-Woche – bei gleicher Bezahlung. In manchen Branchen lässt sich das allerdings schlichtweg nicht realisieren. Foto: IMAGO/Beautiful Sports

Nur an vier statt fünf Tagen in der Woche arbeiten, aber zu gleichem Lohn – das wünschen sich laut einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung viele Arbeitnehmer. Wie stehen die Verantwortlichen hiesiger Unternehmen zu dem Thema? Ist die Vier-Tage-Woche sinnvoll und allen Branchen umsetzbar?

Keine Notwendigkeit einer gesetzlich verankerten Vier-Tage-Woche sieht Michael Geiping, Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei mit 48 Filialen in 19 Städten des südlichen Münsterlandes und nördlichen Ruhrgebiets. Weit über 500 Mitarbeiter beschäftigt das Familienunternehmen aus Lüdinghausen. Viele davon, vor allem im Verkauf, aber auch in der Produktion, sind mit Arbeitszeiten von 15 bis 30 Wochenstunden in Teilzeit beschäftigt. Dabei komme die Bäckerei dem gestiegenen Bedarf an Freizeit sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch individuelle Lösungen entgegen.

Michael Geiping

„Wir versuchen, möglichst viel für unsere Mitarbeiter zu tun und mit ihnen im Dialog zu sein“, sagt Michael Geiping, der die Geschäfte mit seinen Eltern Hubertus und Ulrike Geiping führt. „Für uns ist das die beste Lösung, weil wir so auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Mitarbeiters eingehen können.“ Er gibt zu bedenken: „Wenn wir die Vier-Tage-Woche konsequent leben würden, wie sie aktuell in der Politik diskutiert wird, hätte das zur Folge, dass wir deutlich mehr Köpfe bräuchten.“ Bei vollem Lohnausgleich sei eine Vier-Tage-Woche mit 32 statt 40 Arbeitsstunden „im Grunde eine Gehaltserhöhung“.

Er begrüßt, dass die Diskussion um die Vier-Tage-Woche viele Verantwortliche zum Umdenken animiere. Letztendlich entstünden dadurch „Instrumente für die Fachkräftegewinnung und die Mitarbeiterbindung“.

Im Büro schon teilweise auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt haben die Verantwortlichen des Lüdinghauser Heizungs- und Sanitärbetriebs Focke, allerdings ohne Reduzierung der Stunden. Vollzeit-Mitarbeiter mit Vier-Tage-Woche leisteten ihre 40 Wochenstunden somit von Montag bis Donnerstag ab, erklärt Hendrik Focke. Mit Norbert Focke leitet er das Unternehmen.

„Es geht nicht darum, weniger zu arbeiten, sondern komprimierter“, führt er aus. „Wir haben eine Mitarbeiterin, die das seit etwa zwei Jahren macht. Auf dem Bau geht das aber nicht, da würden wir nichts mehr fertig bekommen.“ Deshalb sei eine Vier-Tage-Woche für die Handwerker ausgeschlossen.

Kein Modell für Hotel- und Gastronomie-Branche

Auch wegen der körperlichen Belastung zeige das gerade diskutierte Arbeitszeitmodell seine Grenzen auf. „Wenn unsere Mitarbeiter draußen zehn Stunden am Tag machen würden, das wäre nicht zu schaffen“, betont der Geschäftsführer.

In die gleiche Kerbe schlägt der Dachdeckermeister Karl Ebing von der Ebing und Hans GmbH in Lüdinghausen: „Das ist undenkbar für uns.“ Insbesondere in den warmen Sommermonaten stießen die Handwerker ohnehin an ihre Belastungsgrenze. Wenn sie dann noch zwei weitere Stunden pro Tag auf dem Dach malochen müssten – „das sitzt nicht drin“, weiß er aus Erfahrung. Da sei es sinnvoller, die Arbeit auf fünf Tage zu verteilen.

Auch fürs Büro sei das Modell keine Alternative, ergänzt Ebing: „Bei uns macht immer einer eine Baustelle komplett“ – inklusive aller Tätigkeiten am Schreibtisch. Deshalb hegen er und sein Mitgeschäftsführer Andreas Hans „keinerlei Überlegungen“ in Richtung Vier-Tage-Woche. Zumal die Zwei personelle Engpässe zu beklagen haben.

Ulrich Müller

Maria Stapelmann betont: „Wir sind nicht dagegen. Das ist eine tolle Idee.“ Doch dann schränkt die Hotelbetriebswirtin, die als Revenue-Managerin im Naundrups Hof in Seppenrade arbeitet ein: „In der Hotel- und Gastronomiebranche ist das derzeit jedoch undenkbar. Wir haben nicht genug Leute. Und müssen sieben Tage die Woche im Einsatz sein.“

Ulrich Müller, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Coesfeld, berichtet: „Viele Unternehmer denken inzwischen über flexiblere Arbeitszeitmodelle nach. Und es gibt bereits gute Umsetzungsbeispiele.“ Jedoch handele es sich stets um „individuelle Lösungen“ – jeweils abhängig von den betrieblichen Strukturen, den Arbeitsprozessen und der Personallage.

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