Gruppe des Heimatvereins pflegt Seppenrader Archiv
Von wegen verstaubt und vergilbt
Seppenrade
In den unscheinbaren, grauen Schränken und Schubladen schlummern allerhand historische Schätze: Das Archiv des Seppenrader Heimatvereins umfasst von A wie Akte bis Z wie Zeitungsartikel geschichtliche Dokumente jeder Art. Eine Gruppe Ehrenamtlicher erweitert und pflegt die Sammlung stetig.
Auf dem Tisch liegt ein großes Plakat. In dicken, schwarzen Buchstaben steht „2. Heimatabend“ auf einem orangen Hintergrund, darüber und darunter entdeckt der Betrachter allerhand weitere Informationen. Acht Augenpaare schauen gebannt auf das Stück Papier. Sie gehören den Aktiven der Archivgruppe des Seppenrader Heimatvereins. Jeden Mittwoch treffen sie sich im Heimathaus – um Neues zu sichten und Altes zu strukturieren und zu sichern. Wobei: „Neu“ ist das Plakat nicht. Es wirbt für eine Veranstaltung am 30. September 1978 um 20 Uhr des „Heimatvereins Lüdinghausen“ und des einstigen „Heimat- und Verkehrsvereins Seppenrade“ in der – inzwischen ehemaligen – Festhalle an „Naundrups Hof“. Aber die historisch interessierte Gruppe sieht es heute zum ersten Mal: „Das ist ein Fundstück aus dem Lüdinghauser Archiv“, erzählt Josef Brathe, der es dort entdeckt und mitgebracht hat.
Er und seine Mitstreiter tauschen sich noch ein Weilchen darüber aus. Währenddessen berichtet Antonius Bielefeld, dass die Gruppe dank einer speziellen Förderung jüngst technisch aufrüsten konnte: Per Beamer, Kamera, Lupe und Leinwand sowie Buch-Scanner lassen sich sämtliche Dokumente nun viel besser anschauen, einordnen und vor allem digitalisieren. Schließlich soll der komplette Bestand nach und nach online in einer Cloud gespeichert werden, um ihn für die Nachwelt haltbar und schnell auffindbar zu machen. Schon jetzt können die Gruppenmitglieder bequem von zu Hause aus auf sämtliche Schriftstücke sowie Fotos zugreifen. Das sei praktisch, betonen die Bergdörfler unisono. Insbesondere wenn neue Bücher erstellt werden.
Aktuell arbeitet die Combo an einem Werk mit dem Titel „Seppenrader Ortsgeschichte in Einzelbeiträgen“. Diesmal geht es um den Ondruper Bahnhof, die Wolfsschlucht, ein Adressbuch sowie Seifenkistenrennen und andere Sportarten. „Zu Weihnachten soll es erscheinen“, blickt Antonius Bielefeld in die Zukunft. Zielsetzung sei es, alle zwei Jahre ein solches Büchlein herauszubringen. Damit haben er und seine Mitstreiter bereits Erfahrung. Zuletzt sind sogar nicht nur Schriften entstanden. Ein „Memory“-Spiel mit Motiven aus dem Rosendorf ist längst 150 Mal verkauft worden.
Nun ist angedacht, ein Puzzle zu kreieren und auf den Markt zu bringen. Das ist das Stichwort für die Männer und Frauen. Alle reden plötzlich durcheinander, jeder hat eine andere Idee. „Wir diskutieren viel“, kommentiert Antonius Bielefeld das Geschehen. Auch wenn sich dabei nicht immer alle einig seien: „Das ist total inspirierend.“ Und gelacht werde ebenfalls stets viel. Dann herrscht einen Moment lang Stille, ehe Paul Thier erzählt, dass „irgendwann Anfang der 1990er Jahre“ einige Seppenrader in seinem Wohnzimmer zusammengesessen und die Archivgruppe ins Leben gerufen hätten. Seitdem ist das Sortiment nach und nach angewachsen. Anfragen aus dem Ruhrgebiet erreichen die Heimatfreunde ebenso wie aus den USA. „Wir arbeiten global“, bringt es Dieter Böhle schmunzelnd auf den Punkt. Anschließend erinnert er sich daran, wie er einmal in Washington nachgefragt hat, ob es dort irgendetwas über den Flugplatz Borkenberge gebe. Volltreffer. Drei Bilder trafen kurze Zeit später in Seppenrade ein.
Ohne "Findbuch" geht nichts
Das wichtigste Werk ist jedoch das „Findbuch“. Es hilft beim Strukturieren des Archivs und orientiert sich laut Böhle „am Merkblatt für Archive von der Landesregierung“. Das älteste Stück ist ein Foto von 1878. Das Bild zeigt eine Jägergruppe. Und ist, das erwähnt Ulrike Offermann, im aktuellen Heimatkalender abgedruckt.
Denn: „Wir wollen die geballte Geschichte Seppenrades in die Öffentlichkeit tragen“, erklärt die Archivgruppe ihr Engagement. Nichts solle in Schubladen und Schränken verstauben und vergilben. Vielmehr gehe es darum, alle historischen Schätze zu heben und langfristig aufzubewahren. Wie gut, dass es das Internet gibt. Denn die räumlichen Kapazitäten stoßen längst an ihre Grenzen: „Das Archiv platzt aus allen Nähten“, sagt Antonius Bielefeld. Alle anderen nicken zustimmend, bevor Dieter Böhle ergänzt: „Und trotzdem werden wir nie die komplette Geschichte abbilden können, sondern nur zufällige Momentaufnahmen.“