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Vortrag zur Gemeinwohl-Ökonomie

Im Sinne der Zukunft handeln

Nottuln

147 Konzerne kontrollierten 40 Prozent der Weltwirtschaft, berichtete Tobias Daur in Nottuln. Menschliche Aspekte wie Arbeitsbedingungen oder gerechte Bezahlung blieben bei diesem Gewinnstreben auf der Strecke. Daur stellte als Gegenentwurf die Gemeinwohl-Ökonomie vor und fand aufmerksame Zuhörer.

Von Iris Bergmann

Vortragsabend zum Thema „Gemeinwohl-Ökonomie“ mit Referent Tobias Daur im Rupert-Neudeck-Gymnasium auf Einladung von „Nottuln Nachhaltig“ und anderen Gruppen und Vereinen Foto: Iris Bergmann

„Wir sollten so handeln, dass auch zukünftige Generationen ihr Leben gut gestalten können.“ Dieser Aussage des Referenten Tobias Daur stimmten die Zuhörenden im Forum des Rupert-Neudeck-Gymnasiums kopfnickend zu. Neben der Möglichkeit, den Vortragsabend online zu verfolgen, hatten sich interessierte Nottulnerinnen und Nottulner auch persönlich im Forum eingefunden. Die Initiative „Nottuln Nachhaltig“ sowie weitere Gruppen und Vereine hatten zu dem Vortrag über die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) eingeladen. Der Referent ist unter anderem Hochschuldozent für Gemeinwohl-Ökonomie, Autor und GWÖ-Berater.

„Earth-Overshoot-Day“

Zunächst brachte Daur den Zuhörenden den Status Quo näher. Stellte unter anderem die Entwicklung der globalen Erwärmung dar und informiere über den „Earth-Overshoot-Day“, der Erd­überlastungstag. Dieser zeigt an, an welchem Tag im Jahr die menschliche Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen die Kapazität der Erde, diese Rohstoffe zu reproduzieren, übersteigt. Deutschland ist dabei kein Vorbild. Auf die globale Bevölkerung hochgerechnet, bräuchte der deutsche Lebensstil jedes Jahr die Landfläche von drei Erden.

Profitmaximierung

Als weiteren negativen Aspekt führt der Referent die globalen Lieferketten zur Gewinnmaximierung an. So habe zum Beispiel der Unfall des Schiffes „Evergiven“ im Suezkanal gezeigt, wie fragil diese Lieferketten seien. Jegliches Handeln der Konzerne sei stets auf Profitmaximierung ausgelegt. 147 Konzerne kontrollierten 40 Prozent der Weltwirtschaft, berichtete der Referent. Menschliche Aspekte wie Arbeitsbedingungen oder gerechte Bezahlung blieben bei diesem Gewinnstreben auf der Strecke.

Das Wohl des Menschen muss im Mittelpunkt stehen

Dabei sei das Ziel einer Wirtschaft sogar in Verfassungen manifestiert: „Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das Wohl des Menschen. Der Schutz seiner Arbeitskraft hat den Vorrang vor dem Schutz materiellen Besitzes“, heißt es beispielsweise in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. Hier sei eigentlich die Gemeinwohl-Ökonomie mit ihren Werten wie Menschenwürde, Solidarität, Nachhaltigkeit verankert.

Gemeinwohl-Ökonomie bedeute nicht, dass nicht mehr rentabel gearbeitet werden könne. Die Gewinne der Firmen würden nur, statt zur Vermehrung des Kapitals, sinnvoller investiert. Anhand einer sogenannten Gemeinwohl-Ma­trix lasse sich in Form eines Punktesystems darstellen, inwieweit Firmen nach dem Gemeinwohl handeln und was sie noch ändern müssen.

Das aber mache das nachhaltige Handeln des Einzelnen nicht unnötig. Im Jahr 2020, während der Pandemie, habe sich der Erdüberlastungstag erstmalig seit 1970 wieder nach hinten verschoben, da sich das Verhalten der Menschen geändert habe. Kaum noch Flugreisen, mehr Arbeit im Homeoffice. „Wir können, wenn wir wollen, das Ruder herumreißen“, ist Daur überzeugt.

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