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Jahresversammlung der Flüchtlingshilfe Senden

Heimatgefühle neu wecken

Senden

Der Verlust von Heimat, von Status und Ansehen schmerzt. Und es dauert etwas, bis die Chancen in der neuen Heimat erkannt werden, betonte die Politikwissenschaftlerin Dr. Leyla Ferman in ihrem Vortrag vor der Flüchtlingshilfe Senden. Sie sei aufgefordert, diesen Prozess zu begleiten.

Angela Weiper

Die Jahresversammlung der Flüchtlingshilfe Senden im Foyer der Steverhalle war gut besucht; vorne links im Bild: die Politikwissenschaftlerin Dr. Leyla Ferman. Foto: anw

„Ich bin Nigerianer und ich bin Deutscher. Ich bin Weltbürger“, sagt Trommelkünstler Ernest Chigozie Onu und definiert seinen Begriff von „Heimat“ so: „Heimat ist das, wo man Heimvorteil hat.“ Der Ethnologe aus Münster war bei der Jahresversammlung der Flüchtlingshilfe Senden zu Gast und unterhielt das Publikum mit Trommel- und Marimba-Musik sowie Liedern aus seiner nigerianischen Heimat. Chigozie knüpfte mit dieser Aussage an den Vortrag von Dr. Leyla Ferman an, die am Mittwochabend im fast bis auf den letzten Platz besetzten Foyer der Steverhalle zum Thema „Alte Heimat – Neue Heimat“ gesprochen hatte.

Heimat stiftet ein Wir-Gefühl

Die Politikwissenschaftlerin beschäftigte sich zunächst mit dem Heimatbegriff, bevor sie den Bogen zu den Flüchtlingen schlug, die seit 2015 in großer Zahl auch im Münsterland eine neue Heimat suchen. „Heimat ist die nähere Umgebung eines Menschen“, erläutert die Wissenschaftlerin, „sie ist ein Wir-Gefühl“, sagt Leyla Ferman, deren Eltern in den 1960er Jahren aus Kurdistan nach Deutschland kamen. Heimat biete Schutz und Geborgenheit und schaffe Identität. Die Flüchtlinge, die seit zwei Jahren Senden erreichen, mussten ihre Heimat verlassen, um ein neues Zuhause zu finden. Und das sei nicht einfach, betont Ferman: „Niemand verlässt seine Heimat freiwillig.“

Verlust der Heimat heiße Verlust des gesellschaftlichen Status und Verlust von stabilen und stabilisierenden psychosozialen und kulturellen Zusammenhängen. „Das schmerzt die Betroffenen und macht sie unfähig, die neue Heimat anzuerkennen“, erläutert die Politikwissenschaftlerin. „Unsere Aufgabe ist es, den Geflüchteten dabei zu helfen, die Chancen, die sich ihnen in der neuen Heimat bieten, zu nutzen“, appelliert Ferman daran, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Aber sie dämpfte die Erwartungen: „Bevor etwas Fremdes zur Heimat wird, dauert es.“

Kathera Savari aus Afghanistan

Organisationen wie die Flüchtlingshilfe Senden tragen dazu bei, diesen langwierigen Prozess voranzutreiben. Das zeigten auch die drei Flüchtlinge aus Afghanistan, Guinea und Syrien auf, die großen Mut bewiesen, indem sie dem Publikum die Geschichte ihrer Flucht und des Ankommens in Deutschland schilderten. Kathera Sarvari, Aliou Camara und Bashar Al Mahmood aus Senden berichteten davon, dass es ihnen hier Schritt für Schritt bessergeht: „Es geht langsam vorwärts“, meint Sarvari und Camara sagt von seiner neuen Heimat, dass er sich hier „sicher“ fühle. Bashar Al Mahmood betont: „Ich lebe jetzt richtig in Deutschland.“

Verbesserte Wohnsituation oben auf dem Wunschzettel

Vortrag, Musik und die (Lebens-)Geschichten waren nur drei Bestandteile des straffen Programms der Jahresversammlung, durch die Hans Meckling, Vorsitzender der Flüchtlingshilfe, führte. Berichte von den drei Flüchtlingsbegleitern Reinhild Mackowiak, Herbert Lemke und Sigrid Schallenberg waren ebenso Bestandteil des Abends wie der Wunschzettel vom Vorstand der Flüchtlingshilfe, der sich unter anderem eine schnellstmögliche Verbesserung der Wohnungssituation in Senden ersehnt.

Ernest Chigozie Onu unterhielt die Gäste der FHS-Jahresversammlung mit Musik aus seiner nigerianischen Heimat. Foto: anw

Bürgermeister Sebastian Täger war ein aufmerksamer Zuhörer und nahm diesen Wunsch der Flüchtlingshilfe mit auf den Heimweg, nicht ohne vorher in seinem Grußwort zu betonen, dass die Arbeit der Flüchtlingshilfe „nicht immer einfach ist“, aber „großartig und wichtig.“

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