Landwirte kritisieren deutsche Agrarpolitik
„Wir fühlen uns hereingelegt“
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Scharf ins Gericht mit der Bundesregierung gingen die Bauern bei der Jahreshauptversammlung des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Senden. Die Initiativen zum Tierwohl seien völlig praxisfremd und überhaupt nicht durchdacht.
„Es lässt sich mit nichts besser Politik machen als mit der Angst der Konsumenten. Anstatt mit Fakten zu hantieren, wird versucht, die Gefühle der Bürger zu manipulieren und so Wählerstimmen zu fangen“. Darin sah der stellvertretende Kreislandwirt Dirk Schulze Pellengahr auf der jetzt abgehaltenen Jahreshauptversammlung des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes Senden in der Gaststätte Niemeier das Kernproblem seines Berufsstandes, welches er als Mobbing bezeichnete.
Warum der Bauernverband dem nicht mehr entgegenzusetzen habe, so die Frage aus der Versammlung. Spontane Antwort eines anderen Sendener Landwirts: „Das wollen die Medien ja gar nicht hören. Zu Talkrunden wird viel lieber ein Hannes Jaenicke eingeladen“. Dem Schauspieler wird vorgeworfen, im Fernsehen gegen Milchbauern als Tierquäler gehetzt zu haben.
Zu viele neue Auflagen
Schulze Pellengahr hatte der Berliner Ampelregierung zuvor eine „verwerfliche Täuschung“ der Öffentlichkeit attestiert. Die Initiativen zum Tierwohl seien völlig praxisfremd und überhaupt nicht durchdacht. Bei den gesetzlichen Anforderungen an die Ställe wisse niemand mehr, wie er dran sei. Was heute beschlossen werde, sei morgen schon wieder überholt, weil klammheimlich neue Auflagen draufgesattelt würden, wie zuletzt in der Sauenhaltung.
Der aus Ascheberg stammende stellvertretende Kreislandwirt bedachte die Politik mit beißendem Spott: „Der Fachkräftemangel, den wir überall beklagen, manifestiert sich am besten in Berlin. Die Druckertinte ist noch nicht trocken, da kommt die nächste Verordnung schon hinterher“. Dahinter stecke politisches Kalkül. Statt eines tierfreundlichen Umbaus der Tierhaltung werde in Wirklichkeit ein rigoroser Abbau angestrebt: Bauern sollen aufgeben. Das Bundesumweltministerium verberge seine Zielsetzung, den Tierbestand halbieren zu wollen, ja auch gar nicht mehr. „Wir fühlen uns hereingelegt“, so war aus der Versammlung zu hören. „Und anderswo in Europa werden dann neue Ställe gebaut. Wie es da wohl um das Tierwohl bestellt ist?“, hieß es weiter.
Öffentlichkeit zunehmend bewusster
Anstatt immer nur Negativ-Schlagzeilen herauszuposaunen, sollte lieber mal gesagt werden, dass auf den Feldern über den Boden und die angebauten Früchte jede Menge des klimaschädlichen CO2 fixiert und neutralisiert werde, forderte Landwirt Franz-Josef Lintel-Höping. Trotz aller Diffamierungen und einer zunehmenden Gängelung durch die Politik sehe er aber noch keinen Anlass zu Resignation, denn infolge des Krieges sei in der Öffentlichkeit ein zunehmendes Bewusstsein dafür erkennbar, „dass die Landwirtschaft die Ernährung sicherstellt und volle Regale in den Supermärkten keine Selbstverständlichkeit sind“.
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