Ausflugstipp bei jedem Wetter: Erinnerung an Skulptur Biennale 2001
Da steht ein Schornstein im Wald
Greven
Kunst erwartet man zu allererst in Museen und Galerien, auch im öffentlichen Raum von Fußgängerzonen oder Kreisverkehren. Im Wald oder inmitten einer Bauerschaft mit weiten Feldern eher weniger. Doch in der Pentruper Mersch, Richtung Hembergen, steht ein Kunstwerk – leicht versteckt am Waldrand: das lohnende Ziel eines Spaziergangs, nicht nur am Wochenende, sondern auch in der Mittagspause (sofern möglich).
Der Autor dieses Berichtes suchte eigentlich nur einen schönen Platz für eine Mittagsrast, weil nicht nur der Hunger rief, sondern auch die Konzentration nachließ. Also mit dem Auto kurz von der Hauptstraße abbiegen, den Wagen abstellen und ein paar Schritte, mit Butterbrot und einem zuckerhaltigen Getränk in der Hand, durch die Pentruper Mersch gen Hembergen laufen.
Die frische Luft, die scheinbar endlose Weite von grünen Feldern und Wäldern, lockere Bewegung und diese wunderbare Ruhe: im Einklang eine perfekte Revitalisierung nach einem stressigen Vormittag. Die Batterien werden wieder aufgeladen.
Fata Morgana oder Realität?
Doch halt, bin ich unterzuckert oder fehlt die Sonnenbrille? Was sehe ich da? Mitten zwischen meterhohen Bäumen ragt doch tatsächlich ein 15 Meter hoher Schornstein hervor. Mitten aus dem Boden. Das muss ich mir von Nahem ansehen und laufe erst ein Stück Wirtschaftsweg nach links und dann rechts über einen schmalen, durch den Regen etwas matschig gewordenen Fußweg zwischen Wald und Feld. Auch wenn ich mich später im Auto über den Dreck an den relativ neuen Schuhen etwas ärgere, lohnt sich der Gang durchs Unterholz. Am Turm angekommen umfasse ich die schlanken fabrik-roten Ziegelsteinrundungen, die von der Sonne gut aufgewärmt sind. Meine Blicke klettern den Schornstein hinauf bis in die Baumkronen. Eine ungewöhnliche Perspektive an diesem sich magisch anfühlenden Ort.
Schornstein oberirdisch! Fabrik unterirdisch?
Ich frage mich: stand hier früher mal eine Fabrik oder wird unter meinen Füßen in unterirdischen Katakomben gearbeitet und gleich steigt Rauch auf? Mitnichten! Ein kleines Schild gibt der Fantasie endlich Einhalt.
„Der sechste Schornstein“ ist eine Installation des Schwedens Jan Svenungsson, die er im Rahmen der Skulptur Biennale 2001 dort errichtet hat. Svenungsson hat zuvor bereits fünf Schornsteine gemauert und funktionslos, freistehend in unterschiedliche Architektur- und Landschaftszusammenhänge gestellt, bewusst ohne auf den einzelnen Raum eingehen zu wollen, in Taejon (Südkorea), Kotka (Finnland), Drewen bei Berlin, Norrköping (Schweden) und im Städel Museum in Frankfurt.
Svenungsson versteht seine Arbeit als Demonstration purer Schönheit unvergänglicher Industriearchitektur und als Hommage an die surrealen Traumlandschaften des italienischen Malers Giorgio de Chiricos. Er schafft neue Orientierungen.
Wegbeschreibung: Bei Google „Schornstein“, Pentruper Mersch, eingeben.
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