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BI „Gegenwind“ fürchtet krankmachenden Lärm und Verschattung

„Das sieht aus wie ein riesiger Industriekomplex“

Greven

Der Kreis Steinfurt hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 energieautark zu sein. Dabei will die Stadt Greven mitmachen, will ihren Teil dazu beitragen. Einen ganz großen Beitrag soll dabei die Energie aus Windkraft liefern. Und deswegen unterstützt die Stadt auch die Pläne für den Bau von rund 15 Windkraftanlagen in Bockolt/Guntrup und am Vosskotten und verzichtet dafür sogar möglicherweise auf künftige Planungshoheit bei der Windkraft, um das Projekt nicht zu gefährden (wir berichteten). Eine entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans steht am Dienstag auf der Tagesordnung des Rates.

Peter Beckmann

Stefan Czekalla (links) und Thomas Ruck von der BI Gegenwind haben inzwischen zahlreiche Mitstreiter gefunden, die sich gegen die Änderung des Flächennutzungsplanes ausgesprochen haben. Foto: Peter Beckmann

Doch genau dagegen wehrt sich die neue BI „Gegenwind,“ und ihre Sprecher Thomas Ruck und Stefan Czekalla nutzen die vorgesehene Beteiligung der Öffentlichkeit an der Flächennutzungsänderung zu Einwendungen gegen die städtischen Planungen.

Was haben Sie denn gegen die Planungen der Stadt einzuwenden?

Stefan Czekalla : Ganz einfach: Hier soll mit aller Macht etwas durchgedrückt werden, was der Stadt, den Einwohnern und der Umwelt schadet.

Thomas Ruck: Mit Aufhebung der Konzentrationsflächen wird der gesamte Außenbereich Grevens für die Bebauung mit Windkraftanlagen ohne Höhenbegrenzung freigegeben. Aber die Fernwirkung solcher Anlagen erstreckt sich über fünf Kilometer. Ohne Windkraftkonzentrationsplanung kommen aber Standorte in Frage, die nur einen Kilometer vom Ortskern entfernt sind.

Sie haben Grafiken erstellt (siehe oben), die verdeutlichen sollen, wie das dann aussieht. Wie nahe kommt das der Wirklichkeit?

Czekalla: Wir haben diese Visualisierung von Profis erstellen lassen. Es ist der Blick vom Rathaus, die Anlagen stehen da, wo sie wirklich geplant sind. Das haben wir per GPS vermessen. Das ist doch erdrückend. Das gesamte Stadtgebiet würde von diesen Anlagen optisch erdrückt.

Ruck: Und nachts sind diese Anlagen dann noch mit roten, blinkenden Lichtern erleuchtet. Diese Warnlampen sind Vorschrift. Das sieht dann aus wie ein riesiger Industriekomplex. Ganz ehrlich: Wir haben selbst nicht glauben können, wie schrecklich das aussieht.

Aber es ist ja wohl nicht nur die Optik, die Sie stört?

Czekalla: Nein, es geht hier natürlich auch um das Thema Lärm und um die Verschattung. Der Lärm dieser riesigen Anlagen wird deutlich größer sein als an den bereits bestehenden. Da gibt es zum Beispiel keine Bodendämpfung mehr wie bei kleineren Anlagen. Bei diesen großen Anlagen gilt: Je weiter weg diese Anlagen stehen, um so lauter wird es. Davon werden wohl vor allem die Wohngebiete links der Ems betroffen sein.

Aber nicht nur die BI ist mit den städtischen Planungen nicht einverstanden. Auch der Kreis Steinfurt zeigt sich befremdet (wir berichteten).

Mittlerweile haben viele Betroffene Anwälte eingeschaltet, die im Rahmen des FNP-Änderungsverfahrens Stellungnahmen abgegeben haben. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass sich aufgrund von Normenkontrollverfahren und bei Klagen die Änderung des Flächennutzungsplanes als unwirksam erweisen würde und damit Anlagegenehmigungen rechtswidrig erteilt worden wären. Und dann wird die ganz dicke Keule ausgepackt. „Die Ratsmitglieder sind dem Wohl der Allgemeinheit und zu rechtmäßigem Verhalten verpflichtet. Beschließen sie die Aufhebung der Konzentrationsplanung durch die 16. FNP-Änderung dennoch, kommt wegen der Unwirksamkeit der Planung eine persönliche Haftung in Betracht“, heißt es in einem Schreiben der Anwälte.

Ein anderer Anwalt ist sich sogar sicher, dass die FNP-Änderung vor einem Gericht „mit Sicherheit“ keinen Bestand haben würde.

Eine letzte Frage: Windenergie ist regenerative Energie und damit umweltschonend. Ist das nicht ein ganz wichtiges Argument?

Czekalla: Der Ausbau der Windkraft ist in keiner Weise gefährdet. Laut Regionalplan Münsterland wird im Münsterland das Soll schon um 33 Prozent überschritten. Für die in Greven projektierten Anlagen besteht zurzeit überhaupt kein vernünftiges Konzept der Verwertung des produzierten Stromes, da ein Überangebot existiert.

Ruck: Und nicht zuletzt sollte man auch an die Gesundheit der Menschen denken. Aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme bei Anwohnern von Windparks, wie Schlafstörungen, Stresssymptomen oder einer erhöhten Krebsrate, hat beispielsweise Dänemark eine umfangreiche Gesundheitsstudie in Auftrag gegeben. Bis das Ergebnis im nächsten Jahr vorliegt, sollen zwischenzeitlich so gut wie keine Windkraftwerke in bewohnten Gebieten mehr errichtet werden dürfen. Das würden wir uns von unseren Politikern auch wünschen.

Und: Die beiden BI-Männer haben noch ein Argument. „Niemand weiß, welche Auswirkungen solche riesigen Anlagen haben werden. Denn die gibt es bislang nur auf dem Papier, sie wurden noch nie gebaut und aufgestellt.“

Am Dienstag werden die Ratsmitglieder über die Änderung des Flächennutzungsplans entscheiden. Einige Fraktionen hatten im Vorfeld die BI-Mitglieder zwecks Informationen eingeladen. Wie letztlich die Mehrheit entscheiden wird, ist derzeit wohl völlig offen.

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