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Bildhauerschule an der Freilichtbühne

Die Künstlermacher von Reckenfeld

Reckenfeld

Ein Manager wird zum Bildhauer – und macht aus seiner Leidenschaft einen Beruf: Das Unternehmen „Skulptour“.

Monika Gerharz

Ein Stück Stamm wird zum Kunstwerk: Karlheinz Köpfer liebt abstrakt-organische Formen. Eine Auswahl seiner Skulpturen wird ab Mitte August im Haus der Bezirksregierung in Münster zu sehen sein. Foto: Monika Gerharz

Pleiten haben manchmal was Gutes – es kann sich etwas Neues entwickeln. Sie können beispielsweise aus einem Manager einen Künstler machen – und sogar einen „Künstlermacher“.

Eine seltsame Behauptung? Nun, der Neu-Reckenfelder Dr. Karlheinz Köpfer ist der lebende Beweis dafür. Der gelernte Betriebswirt war „fast sein Leben lang mit Schlips und Kragen“ unterwegs, erst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Tübingen, später im Management verschiedener Firmen. „Er war ein richtiger Workaholic“, verrät seine Frau Gaby. Er war Mitte 50, da ging eines seiner Projekte gründlich schief – der Plan, eine insolvent gegangene Firma wieder auf Vordermann zu bringen, klappte einfach nicht. Was also tun? „In diesem Alter ist Ihr Marktwert nicht mehr besonders“, sagt Köpfer, der gebürtige Südbadener, ganz nüchtern. „Und ich hatte auch keine rechte Lust mehr.“

Doch da lag schon die Muse auf der Lauer – sie küsste ihn, als er von seinem Bruder Roland, einem Holzbildhauer, Fotos machte. „Lass mich auch mal probieren“, bat er den Bruder – und schon war er der Kunst verfallen. „Sie hatte eine fast selbsttherapeutische Wirkung“, erzählt er. „Wenn ich am Holz gearbeitet habe, habe ich alles vergessen.“

Diese Erfahrung war die Keimzelle für das Zwei-Mann-Unternehmen „Skulptour“, das Bildhauer-Workshops anbietet. „Unsere Zielgruppe waren gestresste Büromenschen, Männer vor allem, die sollten mal Dreck und Lärm machen dürfen“, sagen Köpfer und seine Frau Gaby. Es kam anders – vor allem Frauen interessieren sich für die Arbeit mit Holz. „Aber bei uns lernt keiner Herz-Jesu-Schnitzerei“, beugt Köpfer von vorneherein Missverständnissen vor. Bei ihm wird nicht nach Vorlagen gearbeitet. „Die Philosophie ist: Sie nehmen ein Stück Holz und fangen an“, sagt Gaby Köpfer, die im Umternehmen vor allem für Organisation und Catering zuständig ist. Das Ehepaar ist sicher, dass die besten Skulpturen entstehen, wenn sich die Teilnehmer vom Holz zu Formen inspirieren lassen. „Diejenigen, die sich auf das Spielerische einlassen, kommen sehr gut klar“, sagt Köpfer. Er macht es übrigens selbst genauso. „Wenn ich einen guten Tag habe, habe ich den Eindruck, dass mir das Holz zeigt, wo es lang geht“, sagt er. Das Ergebnis sind organische Formen, die die Fantasie anregen – und genau diesen Effekt will Köpfer erreichen. „Meine Skulpturen haben darum nur Arbeitstitel, damit ich sie unterscheiden kann“, sagt er. „Mir gefällt es, wenn die Leute davorstehen und sich darüber unterhalten, was es wohl ist.“

Ursprünglich haben die Köpfers in Südhessen auf einem Resthof gelebt mit viel Platz für ihre Kunst und ihre Workshops. Doch die Idylle hatte vor ein paar Monaten ein Ende – das Grundstück wurde verkauft und in einzelne Parzellen aufgeteilt. Also wohin? „Wir brauchten ein Haus mit Platz, wo wir Krach machen konnten“, berichten sie. Schließlich machen Motorsägen und Schwingschleifer ganz schön Lärm. „Wir haben uns im Internet gefühlt eine Million Häuser angesehen“, berichten sie. Fündig wurden sie in Reckenfeld, an der Freilichtbühne 4, mitten im Gewerbegebiet – für Gaby Köpfer nicht ganz unbekanntes Terrain, denn sie stammt aus Münster. In ihrem Bungalow mit großem Garten finden nun seit diesem Frühjahr Workshops statt. Auf einer überdachten Veranda steht ein halbes Dutzend Werkbänke, in der „Waffenkammer“ stehen Regale über Regale mit Werkzeug. „Die Teilnehmer kommen aus der ganzen Republik“, erzählt das Paar. Ein guter Teil sind Stammkunden, die immer mal wieder auf ein Wochenende vorbeischauen. Und manche verfallen dabei auf immer der Bildhauerei. Köpfer: „Ich sage immer: Wir sind Künstlermacher.“

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