Strafverfahren
Gewaltsamer Tod einer 25-Jährigen: Hätte der Taxifahrer helfen können?
Greven
Hätte ein Zeuge konsequenter gehandelt, hätte die 25 Jahre alte Pia dann größere Chancen gehabt, zu überleben? Fast scheint es so im Strafverfahren um den gewaltsamen Tod der Frau aus Reckenfeld in der Nacht auf den 28. August vergangenen Jahres.
Beim Fortsetzungstermin am Dienstag am Landgericht Münster sagte ein Taxifahrer aus, der einen Streit in der Tatnacht zwischen dem späteren Opfer und offenbar ihrem Ex-Freund am Kreisverkehr Moorweg / Grevener Landstraße miterlebt haben will. Der 26 Jahre alte Ex-Freund soll sie geschlagen und gewürgt und ihr später „einen Halsschnitt zugefügt und ihr einen Stich in den Bauch versetzt“ haben, heißt es in der Anklage.
Der Taxifahrer sei zwischen 2 und 3 Uhr von Emsdetten kommend auf den Kreisverkehr zugefahren, habe wegen des lautstarken Streits gewendet und sei zu den Personen – ein Mann und eine Frau – gefahren, sagte er als Zeuge aus. Er habe die beiden gefragt, „ob alles in Ordnung“ sei, erklärte er. Der mutmaßliche Täter sei dreimal auf den Taxifahrer zugegangen und habe gesagt „Die ist es nicht wert, dass du ihr hilfst“, ferner „Sie hat mit ihrem Ex-Freund rumgemacht“ und dass er „weiterfahren“ solle.
„Zwischendurch hat er ihr eine geknallt. Sie fiel auf den Boden und hat sich mit den Füßen gegen ihn gewehrt“, so der Fahrer. Der Mann habe sie noch zwei weitere Male ins Gesicht geschlagen. Dreimal habe der Fahrer in Richtung der Frau gesagt, dass sie in seinen Wagen steigen solle und er sie „irgendwohin bringen“ würde. Um sie aus dem Geschehen zu befreien. Die Frau habe aber nicht geantwortet.
Reaktion des Taxifahrers "nicht nachvollziehbar"
Richter, Staatsanwalt und die Anwältin der Eltern des Opfers als Nebenkläger zeigten sich verwundert, dass der Taximann tatsächlich weitergefahren sei und sich – laut seiner eigenen Aussage – nicht weiter darum gekümmert habe, wie der Streit weitergehen würde. „Warum sie in der Situation weitergefahren sind, das ist nicht nachvollziehbar“, sagte der Beisitzende Richter zum Zeugen. „Er hat die Frau zu Boden geschlagen. Was muss mehr passieren, damit sie die Polizei rufen?“, fragte der Richter. Der Fahrer erklärte sein Verhalten damit, dass die Frau „nicht weggegangen“ sei, als der Mann am Taxi stand und damit, dass sie auf den Vorschlag, einzusteigen, nicht eingegangen sei.
Der Staatsanwalt und die Nebenklage-Anwältin stellten infrage, ob die Frau die Worte des Fahrers überhaupt habe hören können. Die Anwältin zum Fahrer: „Haben sie geschrien?“ Der Fahrer: „Nein.“ Die Polizei gerufen hatte offenbar ein junger Mann, der zusammen mit seinem Bruder im Erdgeschoss eines Hauses am Kreisverkehr wohnt. Beide hatten den Streit mitbekommen. Einer von ihnen will das Opfer später aus dem Fenster heraus auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinter Büschen reglos liegen gesehen haben.
Der Staatsanwalt stellte einen Antrag an die Strafkammer, dass sie dem Angeklagten den rechtlichen Hinweis erteilen solle, dass auch eine Verurteilung wegen Mordes statt wegen Totschlags infrage komme. Wegen „niedriger Beweggründe“. Der Angeklagte habe nämlich „seine totalitären Besitzansprüche“ gegenüber der Frau „auch bei Inkaufnahme ihres Todes durchsetzen“ wollen, hieß es.
Ein Rechtsmediziner hatte ausgesagt, dass die junge Frau an den Folgen von Würgen gestorben sei.
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