Greven
Heiße Hosen fürs Püntenmariechen
Greven/Reckenfeld - Der dichte Haarschopf unterm Dreispitz, ein Totenkopfschal um die Taille, ein Tattoo zwischen den Augen - wir sind richtig. Dort, wo eigentlich die Playmobilpiraten mit den Kollegen aus der Lego-Fraktion konkurrieren, empfängt uns heute Piraten-Kapitänin Tanja Schulte. In der fünften Jahreszeit krempelt die Künstlerin, Schauspielerin und Kostümbildnerin das Geschäft von Mutter Edith Schulte-Schlick vom Spielwaren- und Geschenkeladen an der Emsdettener Landstraße in Reckenfeld zur Kostüm-Hochburg des münsterischen Karnevals um.
In den schier unergründlichen Kostümfundus haben WN-Redakteur und WN-Fotograf heute Püntenmariechen Lisa gelotst. Einmal nach Lust und Laune verkleiden dürfen - das hat das WN-Team der Pünte versprochen. Lisa Marquardt hat dankend eingewilligt, darf sie doch heute raus aus dem eher strengen Püntenkostüm und rein in die Fantasie-Verkleidung. Eben nach Lust- und Laune.
„Pirat und Hippie, das wäre klasse“, sagt die Pünte, die im zivilen Leben als ganz in weiß gedresste Arzt-Helferin im Team des Allgemeinmediziners Dr. Schröder tätig ist.
Den Lumpen-Piraten sucht Edith Schulte-Schlick im Kostüm-Fundus zunächst vergeblich, während Tochter Tanja Enkelin Nourah - „Grevens Standesamt wollte den Namen zunächst nicht akzeptieren“ - den mittäglichen Brei einflößt. „Wir leben hier in einem Drei-Generationen-Haus“, sagt die agile Großmutter Edith und zieht mit einem Blick auf die zierliche Pünte das passende Piratenkostüm aus dem Stehständer. „Konfektionsgröße 36“, kommentiert Lisa den sicheren Blick der Kostümverkäuferin und verschwindet in der Umkleidekabine.
Perücke und Kostüm lassen die blonde Pünte vergessen. Braune Piratenlocken quellen unter dem bunten Kopftuch hervor, weiße Bluse, ein hochgeschnürter Rock - nicht gefährlich, aber richtig schön. Für round about 50 Euro ist diese Verkleidung von der Stange zu haben. Die verwegen wirkende Augenklappe gibt´s für 50 Cent als Dreingabe.
Während Lisa mit dem nächsten Kostüm bereits wieder in die Kabine geschlüpft ist, lästern die Beteiligten über den just in diesem Augenblick zurück getretenen Baron. Das Guttenberg-Kostüm mit gegelter Perücke sei leider noch nicht im Sortiment, bedauern Mutter und Tochter schelmisch lächelnd. Mit dem Buchdrucker Gutenberg könnten sie allerdings wohl dienen.
Derweil hat die Pünte anderes im Sinn. In Hot Pants, buntem Hemdchen und rosa Perücke gibt sie den Hippie par Excellence. Echt scharf, aber Umzugs-tauglich? Da zweifelt auch die Pünte. „So viele Strümpfe kann man gar nicht übereinander anziehen. Sagt´s und verschwindet neuerlich hinter dem Vorhang.
Kostüm für 29,99, Perücke für 14,90 und die Brille für 7,90 Euro haben die Pünte Lisa zum süßen Hippiemädchen werden lassen.
Verkleiden, das stellen die beiden Profis mit Blick auf die beiden WN-Mitarbeiter fest, ist keine Frage der idealen Konfektionsgröße. „Bei Frauen haben wir Kostüme bis zur Größe 54. Bei Männern sogar bis 64.“ Da ließe sich für Schreiber und Fotograf etwa finden.
Wohl aber nicht das Kostüm der „Contesse von Transsilvanien“. Das ist so eng geschnitten, dass es unserer Pünte den Atem schnürt. Weder dem Redakteur noch der leidenschaftlichen Verkleiderin Tanja Schulte, die viele Jahre auch den Kostümfundus des Aktionstheaters Titanick verwaltete, gelingt es nicht den Reißverschluss zu schließen. Doch von vorne macht die Pünte im Blutsauger-Galakostüm eine formidable Figur.
Da ist das Kostüm der Flamenco-Tänzerin von anderem Format. Ein wenig oversized, wird es erst mit ein paar Wäscheklammern in die rechte Form gebracht. Im Straßentheater hat Tanja Schulte das Improvisieren gelernt. „Mit Kabelbinder und Gewebe-Klebeband lässt sich schon einiges machen“, schmunzelt Tochter Tanja, die irgendwann Mutter Edith als Chefin im alten Familiengeschäft ablösen wird. „Zeit für ihre Kunst bleibt ihr dann immer noch,“ setzt die Mutter auf die Verbindung von Kunst und Kommerz.
Derweil gerät das Püntenmariechen ins Schwitzen. Doch Konditionsschwierigkeiten gibt es trotz des fünften Rollenwechsels in der Mittagspause der Arzthelferin Lisa nicht. Seit sechs Jahren feierte sie schon Karneval in der Ehrengarde des Schützenvereins Bahnhof - eine Pünte mit wahrhaft närrischem Background.
Das knielange Ringelshirt, der schwarze Frack, lackierte Elbkahn-Schuhe, die wuschelige Perücke und die Rotnase lassen aus der normalerweise klassisch blau-weiß befrackten Pünte den lustigen Clown werden.
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