Katrin Pieper organisiert Initiative aus der Bürgerschaft
Jeder kann etwas fürs Klima tun
Greven
KlikKs ist ein Programm, mit dem landesweit Klimapaten in Kommunen gefunden werden sollen. Katrin Pieper erklärt im Interview, was jeder vor der Haustür tun kann
Für Katrin Pieper (51) beginnt Klimaschutz vor der Haustür. Die studierte Soziologin arbeitet in der Tischlerei ihres Mannes Laurenz Pieper. Gemeinsam gehören sie zu den Initiatoren der Grevener KlikKS-Initiative. KlikKS ist ein Programm der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate, mit dem Aktive für Klimaschutz gewonnen werden sollen.
Sind Sie so eine Art Familienunternehmen für Klima- und Naturschutz?
Pieper: Klimafolgenanpassung wäre unser Begriff. Und Biodiversität. Es geht darum, dass die Tiere um uns herum überleben können. In Greven wohnen wir zwischen total tollen Naturschutzgebieten, wir müssten den Tieren die Chance geben, durch Greven durchzukommen, von einem Gebiet zum nächsten.
Sie haben im letzten Jahr direkt vor ihrer Haustür angefangen, am Straßenrand. Worum ging es da?
Pieper: Das lief unter der Überschrift, das „ästhetische Biotop vor der Haustür“. Als wir vor 20 Jahren gebaut hatten, haben wir es in Rücksprache mit der Stadt hinbekommen, dass hinter unserem Haus eine Streuobstwiese errichtet worden ist. Da waren aber einige Bäume ausgefallen. Wir stellten uns in der Corona-Zeit die Frage, wie können wir die Flächen ökologisch und gestalterisch besser nutzen. In Gesprächen mit der Stadt haben wir es geschafft, dass wir weitere Bäume pflanzen durften. Nicht nur Apfelbäume, auch Kirschen, Pflaumen und Quitten.
Dabei sind Sie nicht stehen geblieben?
Pieper: Nein, da haben wir die Flächen rund um unser Haus ins Auge gefasst und festgestellt, da gibt es viele Verbesserungsmöglichkeiten, wie man mit relativ wenig Mitteln mehr Leben dahin bekommen kann.
Wildkräuter gepflanzt
Zum Beispiel?
Pieper: Eine Fläche lag deutlich höher als das Straßenniveau. Das Wasser ist abgeflossen in die Kanalisation – und alles war verkarstet und verödet. Jetzt haben wir eine Mulde gegraben, heimische Wildkräuter gepflanzt – und es ist voll mit Leben, grün und schön.
Könnte das jeder machen?
Pieper: Wenn es sich um kommunale Flächen handelt, ist der Fachbereich Verkehr und Grün der Ansprechpartner bei der Stadtverwaltung, um zu entscheiden, ob und was dort gärtnerisch möglich ist. Wenn es private Flächen sind, kann direkt gestartet werden. Wenn es gewünscht ist, können wir bei der Ideenfindung und teilweise bei der Realisierung unterstützen. Wir möchten vermitteln, dass jede und jeder in seinem Umfeld einen Beitrag zur Lösung der Klimaproblematik leisten kann.
Sie haben Nachbarn und Interessierte für ihre Aktionen eingeladen?
Pieper: Seit Oktober 2021 haben weit über 100 Leute an unseren Projekten mitgearbeitet. Etwa indem wir Obstbäume gepflanzt oder beschnitten haben. Der TBG hat bei uns am Waldrand Erde ausgetauscht, die zu nährstoffhaltig war, voll mit Brennnesseln und Hundekot. Jetzt ist da Sand mit leichtem Humusanteil. Da mussten Kräuter entfernt werden, die nicht heimisch sind. Sogenannte Neophyten. Jetzt wachsen dort heimische Pflanzen.
Haben Sie auch etwas für die Bienen getan?
Pieper: Ja, wir haben Offenbodenlinsen gebaut, in diese sandigen Flächen können bestimmte Wildbienenarten ihre Brutröhren graben. Daneben stehen Wildbienenstelen, die wir zusammen mit dem Gartenstammtisch von ZWAR gebohrt haben. All das waren einzelne Teilprojekte, wo wir per E-Mail oder Plakat die Leute angesprochen haben. Und es waren mal fünf, mal zehn, mal fünfzehn Leute da, die mitgemacht haben.
Jeder kann mitmachen
An wen wenden Sie sich?
Pieper: An Bürgerinnen und Bürger, die sich für das Klima engagieren möchten. Wirksam-Sein ist nicht nur in der Kategorie „mit gärtnerischen Mittel“ möglich, sondern auch in zahlreichen anderen: Gewinnung und Verteilung von regenerativer Energie, Mobilität, Energieeinsparung im Gebäude. Wenn gewünscht, können sich weitere Arbeitsgruppen bilden und Lösungen für uns in Greven entwickeln. Darüber hinaus geht es um Vernetzung zwischen aktiven Gruppen und Projekten. Ein guter erster Schritt ist ein Mitmachen beim CleanUp.
Greven ist in der Innenstadt sehr versiegelt. Was könnte man da machen?
Pieper: Ich könnte mir einige Änderungen vorstellen. Ich sehe häufig Übergänge, wo zwei Häuser zusammenstoßen. Es gibt viele senkrechte Strukturen mit Fallrohren und Säulen. Da könnte man ein paar Steine entfernen, entsiegeln, und eine Rankpflanze hochwachsen lassen. Und das, ohne den Verkehrsraum einzuschränken. Aber das alles muss natürlich ein Fachamt überprüfen. Und die privaten Eigentümer müssen mitziehen.
Wenn man nach Holland kommt, gibt es viele Wohnstraßen, die so aussehen, wie Sie das schildern. Herrscht dort ein anderes Bewusstsein?
Pieper: Es geht immer mit einem anderen Bewusstsein los. Es ist schon eine Herausforderung, sich zu überlegen, wo man was machen kann. Wir haben neulich bei einem Spaziergang mit acht Leuten in der Innenstadt geguckt, wo wir uns was vorstellen könnten. An ein oder zwei Stellen könnten wir uns vorstellen, dass wir das Thema essbare Stadt umsetzen könnten.
Ein Bereich, wo ein öffentliches Gemüse- und Kräutergarten entstehen könnte?
Pieper: Ja. Man braucht die Manpower, um das umzusetzen. Auf unserer Straße haben wir ein öffentliches Kräuterbeet, wo sich jeder seinen Salbei oder sein Lorbeerblatt holen kann. Vielleicht wären für die Innenstadt auch Monatserdbeeren, die immer wieder blühen und fruchten, eine Idee. Da ist auch ein Nascheffekt dabei. Es gibt viele Gemüsesorten, die schön aussehen: Ein bunter Mangold ist eine Zierde.
Wie geht es weiter?
Pieper: Wir möchten gerne mit vorhandenen Organisationen kooperieren und bitten besonders Gruppen jeder Art sich zum CleanUp zu verabreden und zusammen den Abfall aus dem Siedlungsraum und der Natur zu entfernen. Bei Bedarf stellen die TBG Müllbeutel, Greifzangen zur Verfügung und holen den gesammelten Müll ab. Anmelden bitte unter CleanUp-Greven@gmx.de.
Was hat Müllsammeln mit Klimaschutz zu tun?
Pieper: Nach dem Winter und der Pandemie leben viele Menschen zurückgezogen. Aufräumen kann die Gemeinschaft stärken. Man kann zusammen überlegen, was können wir hier tun, damit es hier schöner und angenehmer für uns im kommenden Sommer wird? Wir hoffen, dass beim CleanUp Flächen bewusst werden, die mit gärtnerischen Mitteln zu einer Verbesserung des Mikroklimas beitragen können. Eine versiegelte Fläche kann im Sommer über 60 Grad warm werden. Eine offene Fläche, am selben Standort, kann über 30 Grad kühler sein, besonders, wenn dort Verdunstungskühlung durch schattenspendende Bäume oder verdunstendes Wasser erzeugt wird.
Wenn man so ein Projekt den Profis überlässt, dann reicht das nicht?
Pieper: Soweit ich mich erinnere, haben wir das Thema Klimaschutz seit 2008 in der Verwaltung etabliert. Die machen bestimmt ganz viel. Aber ich als Bürgerin sehe die Ergebnisse nicht in der Geschwindigkeit, die ich mir wünsche. Es gibt viele Bürger, die bereit wären, etwas zu machen. Etwa 170 waren bei der Auftaktveranstaltung „Greven wird klimaneutral“ im Ballenlager. Dieses bürgerschaftliche Potenzial möchten wir aktivieren. Wir haben als Initiative den Vorteil, dass wir mit allen sprechen können. Unternehmern, Vereinen, Erzieherinnen – mit allen, die in einer Netzwerkkette helfen können, um weiterzukommen zu einem resilienten und klimaneutralen Greven.
Kontakt: klikks@gmx.de, Klima-Aktive treffen sich jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat,19 Uhr, PlusPunkt, Kardinal-Von-Galen-Str. 1a
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