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Storno begeistert auf der Freilichtbühne

Kabarettistische Naturgewalten

Reckenfeld

Harald Funke, Thomas Philipzen und Jochen Rüther sind zurück und ließen mit ihrer Corona-Sonderinventur gleich viermal die Freilichtbühne in Reckenfeld in ihren Grundfesten erzittern. Erstmals im Sommer waren die drei Vollblutkabarettisten auf Einladung der Kulturinitiative aus der nahen Domstadt angereist.

Axel Engels

So kennt man sie: Harald Funke, Thomas Philipzen und Jochen Rüther sind zurück. Foto: Axel Engels

Die Auftrittsorte mögen sich in diesen Krisenzeiten geändert haben, aber die Energie und Leidenschaft der drei sympathischen Künstler bei ihren permanenten Angriffen auf die Lachmuskulatur des Publikums ist ungebrochen. Sie zogen die Besucher schon beim Einzug ganz in ihren Bann.

Grazil tänzelte Thomas Philipzen die Treppe zur Bühne herab, Harald Funke schlurfte eher über die Stufen und Jochen Rüthers Schritte waren gar von majestätischem Gehabe. Die Rollenverteilung war also wie gehabt und genussvoll stolperten sie in so manches satirisch durchtränkte Fettnäpfchen.

An Themen mangelte es dem Trio nicht, schließlich lieferten die monatelangen Einschränkungen ungewohnte Steilvorlagen von Hamsterkäufen bis zur neuen Klopapier-Währung. Die drei Wortakrobaten hatten die Zeit bestens genutzt, neue Sketche geschrieben, Songs einstudiert und dann mit Akribie und Feinsinn daran rumgefeilt. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen, solch eine Corona-Sonderinventur hat man ja noch nie erlebt.

Selbst Harald Funke hatte neue Welten am heimischen Herd entdeckt, mit seiner Verdauung allerdings dann auch Probleme. Seinen Song „Dass ich wieder auf den Pott kann“, kennt man aus früheren Programmen, aber so spritzig und süffisant wie in Reckenfeld ist er wohl noch nie erklungen.

Als Paderborner Messdiener-Marine hatte es Thomas Philipzen auch nicht leicht in dieser von Abstinenz geprägten Zeit. Denn Gespräche mit Katholiken waren für ihn rar geworden, Gottesdienste ausgefallen und die Prozessionsspinner im heimischen Garten waren da nur ein nicht so befriedigender Ersatz. Wenn er sich der aufkeimenden Welle von Verschwörungstheorien widmete, lief er zur Höchstform auf. Corona ist ja nur eine Erfindung von Hakle und Zewa. Angela Merkel wurde da die Schwester von Bill Gates, schließlich war die Rautetaste schon auf der ersten Tastatur ein sicheres Indiz für deren heimliche Verwandtschaft. Virtuos untermauerte er seine irrigen Erzählungen mit vermeintlichen Fakten, ganz im Stile eine Influenzers.

Musikalische Einlagen durften bei diesem Ritt durch das aktuelle Weltgeschehen natürlich nicht fehlen. „Hamster, Hamster mit mir“ und die grandiosen Corona-Sommerhits 2020 rissen einfach mit. Die Refrains wie „Ich bin das Virus aus Tirol“ oder „Die Quarantäne geht weiter“ wurden von allen Besuchern lautstark mitgesungen. Herman Van Veen hätte sich wohl in seinen kühnsten Fantasien nicht vorstellen können, dass sein „Weg da“ mit einem Text von dem Münsteraner Trio die Situation in deutschen Krankenhäusern so treffen kann.

Von Sport bis Politik zogen sie alles durch den Kakao, was man sich nur denken kann. Harald Funke konnte dem Lockdown sogar positive Seiten abgewinnen, schließlich hat sein Lieblingsverein Schalke 04 in dieser Zeit sogar acht Wochen nicht verloren.

Transzendente Seiten entdeckte sogar Thomas Philipzen zur Freude von Harald Funke an unser aller Kanzlerin Angie. Die Wiedereinführung der Monarchie mit Corona-Krone und Markus Söder als neuen Märchenprinzen auf dem royalen Regierungssitz auf Schloss Neuschwanstein war keine skurrile Fantasie, eher ein Zukunftsmodell. Beim Bushido-Gangsterrap tobte sich Harald Funke so richtig aus.

Gleich Naturgewalten fielen sie über die Großköpfigen aus Politik und Gesellschaft her, erlebten die Besucher ein Feuerwerk schwarzhumoristischen Kabaretts.

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