Ladbergen lag einst an einem sogenannten Hellweg
Highway to hell oder laute Straße?
Ladbergen
Was hat das Heidedorf Ladbergen mit den Großstädten Duisburg, Dortmund oder Paderborn gemeinsam? Eine Antwort auf diese Frage ist: Alle diese Orte lagen einst an einem sogenannten Hellweg. Die Fernstraße führte vor Jahrhunderten von Münster nach Osnabrück. Die Frage nach dem Ursprung des Wortes ist indes von Historikern bislang noch nicht eindeutig geklärt worden.
Was hat das Heidedorf Ladbergen mit den Großstädten Duisburg, Dortmund oder Paderborn gemeinsam? Eine Antwort auf diese Frage ist: Alle diese Orte lagen an einem Hellweg.
Während der sich entlang der nördlichen deutschen Mittelgebirgsschwelle erstreckende Westfälische Hellweg als bereits vorgeschichtlicher wichtiger Überlandweg noch heute ein Begriff ist, weiß kaum jemand mehr, dass auch über das Gemeindegebiet von Ladbergen einst ein Hellweg führte. Erstmals fassbar wird er im Jahr 1640. Damals, am 13. Januar des Jahres, genehmigte Graf Mauritz von Bentheim-Tecklenburg (1615 bis 1674), dass sein Eigenhöriger Adam Rickermann im Kirchspiel Ladbergen mit dem Eigenhörigen der münsterischen Domkellnerei namens Hermann Schulte zu Varwick Land tauschen durfte. Das Grundstück des Schulten, genannt der Hasenkamp, das der Rickermann nun erhielt, lag zwischen „Möllers Eichenbrock“ und dem „Hellwegh“, der sich durch die „Ladtberger Sandtberge“ bahnte (Landesarchiv NRW, Domkapitel Münster, Domkellnerei, Urkunden, Nr. 330).
Mit diesem Ladberger Hellweg ist ein Abschnitt der alten Fernstraße bezeichnet, die Münster und Osnabrück verband. Noch im Urkataster von 1828 finden sich im Bereich der Strecke südwestlich des Ladberger Ortszentrums die Flurnamen „Helwegs Toschlag“ und „Helwegskamp“ (zwischen den beiden Abzweigungen Zur Woote von der Grevener Straße). Die alte Überlandverbindung verlief von Münster aus dem Hörster Tor kommend über den Bohlweg und die Ostmarkstraße und dann über den heutigen Schiffahrter Damm. Dieser Streckenabschnitt wurde bereits 1575 als „Hellweg“ und 1585 als der „Osnabrückische Helweg“ bezeichnet.
Die Straße lässt sich weiter durch Gelmer, die Bockholter Berge und die Kroner Heide verfolgen. Am alten Gasthaus Landskron, das schon im 15. Jahrhundert (1484) belegt ist, bog sie dann in nordöstliche Richtung ab. Südwestlich von Ladbergen gabelte sich der Weg. Ein Strang führte nach Norden über Tecklenburg, der andere erreichte Osnabrück über Lengerich. Der für Ladbergen 1640 genannte Hellweg lag im Bereich der Tecklenburger Straße, wie die benachbarten Straßenbezeichnungen Am Hasenkamp und Rickermanns Esch noch heute zeigen.
Aber woher kommt eigentlich der Name „Hellweg“? Diese Frage der westfälischen Landesgeschichte ist bislang noch nicht eindeutig geklärt worden. Bezeichnet wurde mit diesem Begriff mindestens seit dem 9. Jahrhundert im niederdeutschen Sprachraum eine öffentliche Straße, eine Landstraße oder ein Heerweg, wie schon der Erstbeleg in deutsch-lateinischer Mischform von 896 aus der Gegend von Lüttich (Belgien) zeigt: „Helvius sive strata publica“ – Hellweg oder öffentliche Straße. Möglicherweise ist ein bereits 826 genannter „Ellenuuich“ oder „Hellenwich“ ebenfalls hierher zu stellen.
Danach tauchen westfälische Belege erst wieder ab 1280 als „Helewech“ oder „Heylwech“ auf. Von Jacob Grimm (1785 bis 1863) wurde das Erstglied zu altniederdeutsch hell „Unterwelt, Hölle“ gestellt, wofür spätere Forscher im altnordischen helvegr, das sie als ‚Totenweg‘ interpretierten, einen weiteren Anhalt zu finden glaubten.
Auch in Westfalen und den Niederlanden sollen Hellwege Toten- oder Leichenwege gewesen sein. War ein Hellweg somit ein alter „Highway to Hell“? Vermutlich wird es sich eher umgekehrt verhalten haben, dass die Leichenzüge die großen Wege nutzen mussten, um zum jeweiligen Bestattungsplatz zu gelangen.
Heute stellen Historiker die Bezeichnung Hellweg gemeinhin zu hell „licht, hell“, womit eine Trasse in der Breite eine Speerlanze oder eines Heufuderbaums gemeint gewesen sei, die man von Gräben, Zäunen und Bewuchs freizuhalten hatte. Diese Herleitung krankt allerdings aus sprachgeschichtlicher Sicht daran, dass das Wort erst seit dem 13. Jahrhundert überhaupt die Bedeutung „hell, glänzend“ angenommen hat. Zuvor bedeutete der Begriff lediglich „schallen, tönen“, war also auf den klanglichen Eindruck beschränkt. Wir kennen heute noch die „helle“, also laute Stimme oder den „hellen Hals“, den ein vorlauter Mensch besitzt.
Somit könnten die Hellwege als überörtliche Fernstraßen mit größerem Verkehrsaufkommen als ‚laute Wege‘ oder ‚Schall-/Tön-Wege‘ wahrgenommen und danach benannt worden sein – im Gegensatz zu den kleinen Nebenwegen, auf die sich kaum jemand verirrte. Eine Autobahn ist schließlich auch lauter als eine dörfliche Tempo-30-Zone. Die übrigen Erklärungsversuche sind als eher abwegig einzuordnen, weil sie nicht auf alle Hellwege zutreffen: Salzweg (zu hal „Salz“), Hangweg (zu halde, helde > helle „Abhang“) – oder sie passen nicht zum kurzen e im Erstglied: ganzer Weg/Vollweg (zu heel, heil „ganz“), trockener Weg (zu hahl, hehl „trocken“). Nach einer altnordischen Gleichung war ein „helvegr“ dasselbe wie ein „thiodvegr“, also ein Deetweg, ein Volks- oder Hauptweg, wie es sie ebenfalls in Westfalen öfter gab.
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