X-Ort alter Eisenbahntunnel
„Das darf nie wieder passieren“
Lengerich
Über eine der dunkelsten Seiten der Lengericher Vergangenheit ist lange geschwiegen worden: Die Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme in Lengerich. Rund 200 KZ-Häftlinge mussten im Geheimlager Rebhuhn im alten Eisenbahntunnel zwischen März 1944 und März 1945 Flugzeugteile produzieren.
Seit Montag ist dieser Ort nicht mehr so verschwiegen. 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde am Wendehammer der Schlesierstraße eine Informationstafel enthüllt. „In aller Kürze“, so Dr. Alfred Wesselmann, „wird dort die Geschichte des Tunnels erläutert.“ Geht man den Weg zum alten Tunnel und biegt vor dem Zugang auf den Wanderweg 2 ab, erreicht man auf der Höhe des Teutoburger Waldes ein großes „X“. „Euer Leid, Euer Kampf und Euer Tod sollen nicht vergebens sein!“ ist auf dem einen Balken des Buchstabens zu lesen.
Als „merkwürdig“ bezeichnet es Wilhelm Möhrke, dass erst nach 75 Jahren an diesen Teil der Lengericher Geschichte erinnert werde. Die Stadt habe auch dunkle Seiten gehabt, es sei nicht die Tat eines Einzelnen gewesen „und wer sich nicht daran erinnert und das ins Bewusstsein der Bevölkerung rückt, macht sich mitschuldig“, stellt der Bürgermeister fest.
Den letzten Anstoß für die jetzt sichtbare Erinnerung gaben zwei E-Mails, die den Vorsitzenden des Heimatvereins Anfang 2018 erreichten. „Menschen aus Dortmund und Korbach hatten sich auf den Weg nach Lengerich gemacht, um Spuren ihrer Angehörigen zu entdecken – und haben nichts gefunden“, erläutert Dr. Alois Thomes. Zu dem Zeitpunkt hatte die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) der Uni Münster bereits erste Ansätze erarbeitet.
„Ich will ein Gespür dafür vermitteln, was einen Ort zu einem X-Ort macht“, sagt Dr. Wilhelm Bauhus bei der Eröffnung einer Ausstellung in der Stadtsparkasse. Der AFO-Leiter verweist auf die in der Präsentation geknüpften Verbindungen zwischen dem alten Tunnel und weiteren X-Orten in der Umgebung, die man als solche „auf den ersten Blick gar nicht erkennt“.
Der Wunsch des Bürgermeisters, vor allem Kinder und Jugendliche sollten sich mit diesem Thema beschäftigen, muss sich in den nächsten fünf Wochen der Ausstellung erfüllen. Am Montag war diese Altersgruppe nicht zu entdecken. „Vergangenheit plus X ergibt die Gegenwart“, wirbt Wilhelm Möhrke für die bewusste Auseinandersetzung auch mit den dunklen Seiten der Vergangenheit. „Damit das, was passiert ist, nicht wieder passiert.“
Startseite