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So lernen Grundschüler die Schriftsprache

Die Mischung macht‘s

Lengerich

Wie lernen Kinder am besten schreiben? In regelmäßigen Abständen kommt diese Frage wieder auf und schlägt in der Regel hohe Wellen. Zuletzt war das Mitte September der Fall, als eine Bonner Studie zu dem Schluss kam, dass Schüler, die mit der klassischen Fibel-Methode lernen, deutlich besser abschneiden als Kinder mit anderen Vorgehensweisen, beispielsweise der Methode „Lesen durch Schreiben“.

Mareike Stratmann

Strenge Fibel-Arbeit, individuelles Schreiben nach Gehör oder von allem etwas: Die Schulleiter der hiesigen Grundschulen erklären, wie die i-Männchen an ihren Schulen das Schreiben erlernen. Foto: imago stock&people/dpa

Und in Lengerich? Anhand welcher Methoden lernen die i-Männchen an den Grundschulen vor Ort den Umgang mit dem ABC? Die WN haben nachgefragt und festgestellt, dass das Thema auch vor Ort nicht nur unterschiedlich gehandhabt, sondern auch intensiv diskutiert und begleitet wird.

Was alle Schulleiter jedoch eint, ist das Unverständnis über die in der Öffentlichkeit oftmals verkürzt und vereinfacht dargestellte Debatte. Dass die Kinder heutzutage mit extrem unterschiedlichen Voraussetzungen und Vorkenntnissen in die Schule kommen, müsse in besonderem Maße berücksichtigt werden. Und so spricht Stefanie Thiele für viele Kollegen, wenn sie sagt, dass an ihrer Schule, der Grundschule Stadt, „in Hinblick auf die Leistungen und Lernfortschritte unserer Schüler Bestandteile mehrerer Methoden ausgewählt und flexibel eingesetzt werden“. Eines ist ihr dabei sehr wichtig: die Feststellung, dass Fehler zum aktuellen Lernprozess dazu gehören und dass sich einmal falsch geschriebene Worte auch nicht auf Dauer falsch einprägen.

An dem vielerorts verbreiteten Vorurteil, dass Kinder heute unbegrenzt lange so schreiben können wie sie wollen, sei nichts dran. Das bestätigt auch die WN-Umfrage an den vier Schulen. Überall nutzen die Deutsch-Lehrer Elemente mehrerer Varianten, stets mit der Zielsetzung, die i-Männchen zum Schreiben anzuregen und die Freude beim Verfassen eigener Texte zu wecken. Wie das jeweils geschieht? Ein Überblick:

An der Grundschule Stadt werden die Erstklässler mit dem Lehrwerk Tinto an die Schriftsprache herangeführt. Sie lernen die Laut-Buchstabe-Zuordnung und üben Wörter auf ihre Laute hin abzuhören – zunächst die Anlaute und dann die Auslaute und Binnenlaute, bis das ganze Wort lautgetreu durchgliedert ist. Zur Verfügung steht den Schülern dabei ein Buchstabenhaus, das bebilderte Begriffe einem konkreten Buchstaben zuordnet und den Schreibanfänger so schnell die positive Erfahrung machen lässt „ich kann schreiben“.

Ob das Wort richtig und vollständig geschrieben ist, ist laut Schulleiterin Thiele zunächst zweitrangig. „Im Vordergrund steht die Förderung der Schreibmotivation.“ Trotzdem werden von Anfang an sukzessive Rechtschreibregeln geübt – unter anderem unter Zuhilfenahme von silbenbezogenen Übungen und konkreten Buchstabeneinführungen. In den Klassen 3 und 4 werden die Kinder auf dem Weg zur orthografisch richtigen Schreibung weiter begleitet, in dem sie dann auch verstärkt lernen, dass bestimmte Laute und Lautfolgen anders geschrieben als gesprochen werden – so genannte Nachdenk- und Lernwörter. „Veröffentlicht“, darauf legt Thiele großen Wert, „werden allerdings nur Texte, die orthografisch korrekt sind“.

Ähnlich ist das Prozedere an der Grundschule Hohne : Auch dort, erklärt Gisela Marstatt-Stienecker, bedienen sich die Deutsch-Lehrer unter anderem der Anlauttabelle und des Anlaut-Raps, um rhythmisch (U wie Ufo oder I wie Igel) Stück für Stück in die Welt der Buchstaben vorzudringen, um Laute herauszuhören, zu unterscheiden und den Buchstaben zuzuordnen und um bewegungsrichtiges Schreiben zu lernen.

Das Material setzt sich aus den Buchstabenheften „Flex und Flora“ und vielen anderen differenzierten Zusatzmaterialien zusammen. So haben die Kinder die Möglichkeit, in ihrem individuellen Tempo die einzelnen Buchstaben zu erarbeiten. „Allerdings in einer festgelegten Reihenfolge und unter der Prämisse, dass am Ende des ersten Schuljahres alle Kinder sämtliche Buchstaben kennen“, schränkt die Schulleiterin das relativ offene Konzept ein. Wichtig ist ihr, dass die Schüler von Anfang an in der Schreibmotivation gefördert werden. Dafür eigne sich das Arbeiten mit den eingesetzten Materialien bestens. Und auch Gisela Marstatt-Stienecker legt auf eines großen Wert: auf das „richtige“ Schreiben von Wörtern. So werden in Hohne mit der Fresch-Methode Rechtschreibstrategien erarbeitet statt „auswendig gelernt“.

An der Grundschule Stadtfeldmark steht derweil von Anfang an die korrekte Rechtschreibung im Fokus, wie Gudrun Heemann schildert. „Fehler werden stets korrigiert und als Chance zum Lernen wahrgenommen“, versichert die Schulleiterin, die seit vier Jahren der Fibel „ABC der Tiere“ vertraut. Zunächst habe man sich die Arbeit mit dem – wie sie sagt – „recht straffen Konzept“ in der Grundschule Lienen angeguckt und könne nur Positives darüber sagen. Gearbeitet wird in der Fibel mit der Silbenmethode, die „sofort ein systematisches Rechtschreiben lernen möglich macht“. Silben (und nicht einzelne Buchstaben) werden im Unterricht eingeführt, gesprochen, geklatscht und trainiert. Diese bestehen zunächst aus zwei, später aus drei oder mehr Buchstaben.

Um die Silben auch optisch zu trennen, benutzen die Erstklässler zum Schreiben konsequent einen zweifarbigen Wendestift. Diese Silbentrennung bezeichnet Heemann als „große Hilfe“. Wörter würden demnach von Leseanfängern meist ohne Verzögerung erkannt, was sich zugleich positiv auf den Lesefluss auswirke.

Silbenarbeit: Ein Stichwort, das auch an der Grundschule Intrup von großer Bedeutung ist. An der Banningstraße, berichtet Schulleiter Roland Hennig, fühlen sich die Lehrer seit Jahren mit der umfangreich bebilderten und zeitgemäßen Niko-Fibel „gut beraten“. Damit lernen die i-Männchen themenorientiert und anhand einer Kombination aus Lesenlernen und Silbenarbeit, die Roland Hennig als „sehr hilfreich“ bezeichnet. Wie in Stadtfeldmark wird auch in Intrup von Beginn an großer Wert darauf gelegt, die Rechtschreibung zu sichern. Darüber hinaus stehen den Schülern nicht nur drei verschiedene Anforderungsbereiche der Bildungsstandards, sondern auch vielfältige Möglichkeiten zum individuellen Arbeiten zur Verfügung.

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