Festveranstaltung 375 Jahre Lengericher Conclusum/25 Jahre Städtepartnerschaft mit Warta
Europa schützen und schätzen
Lengerich
Doppelten Grund hat es am Donnerstag für eine Festveranstaltung in der Gempt-Halle gegeben: 375 Jahre Lengericher Conclusum und 25 Jahre Städtepartnerschaft mit Warta boten den Anlass für das Kommen von rund 100 Gästen und einen Mix aus Musik und Redebeiträgen.
Mit einem Mix aus musikalischer Unterhaltung und Redebeiträgen zu politischen und wissenschaftlichen Themen ist am Donnerstagabend die Festveranstaltung anlässlich 375 Jahre Lengericher Conclusum und 25 Jahre Städtepartnerschaft mit Warta gestaltet worden. Etwa 100 Gäste waren in der Gempt-Halle dabei.
Das Programm bot den Besuchern durchaus Kontrastreiches. Da war zum Beispiel Tecklenburgs Bürgermeister Stefan Streit, der zusammen mit einem Jungen des „Mollmäuse“-Chors auftrat. Das ungewöhnliche Duo erntete viel Applaus für seinen Friedensliedvortrag. Kurz darauf schilderte Krystian Krogulecki, Bürgermeister von Warta, wie die Bürger seiner Heimatstadt und die Polen insgesamt die Aufnahme der vielen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bewältigen. Er stellte dabei deutlich heraus, wie groß die Solidarität mit den Menschen aus dem Nachbarland ist und wie umfangreich die Hilfe. Seine klare Botschaft: „Uns ist es sehr wichtig, das ukrainische Volk zu unterstützen.“
Lengerichs Bürgermeister Wilhelm Möhrke hatte mit Blick auf das bedeutendste Ereignis in der Geschichte der Stadt – das Conclusum ebnete 1645 den Weg zum Westfälischen Frieden – die Gäste der Veranstaltung dazu aufgerufen, den Gedanken an ein gemeinsames Europa weiter zu pflegen.
Dieses Europa spiegelte sich auch im Programm wieder. Es waren die Gäste aus der polnischen Partnerkommune dabei, die „Mollmäuse & Friends“ unter der Leitung von Stephanie Müller-Bromley sangen nicht nur deutsch, sondern auch auf Englisch und Portugiesisch, zum Schluss wurde ein irisches Segenslied angestimmt und mit Ninel Ptaschnik, Sventala Gibner und Jessica Sladczyk hatte man zudem polnische und ukrainische Musikerinnen eingeladen.
Europa war auch das Thema von Dr. Angelia Kordfelder. Die Vorsitzende des Kreisverbandes der Europa-Union Deutschland betonte in ihrem Beitrag: „Der Frieden in Europa ist nicht so selbstverständlich, wie wir es in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben.“ Dass es nun nach 75 Jahren wieder Krieg auf dem Kontinent gebe, „macht uns fassungslos“. Ähnlich wie Bürgermeister Möhrke rief sie die Bürger zum Engagement für ein gemeinsames Europa auf. Es gehe darum, diese Idee jetzt „von unten nach oben zu stabilisieren“.
Zuvor hatte Professor Dr. Jochen Oltmer seinen Zuhörern erläutert, dass die aktuell große Solidarität in Deutschland mit den Flüchtlingen aus der Ukraine historisch betrachtet keinesfalls selbstverständlich sei und durchaus auch damit gerechnet werden müsse, dass sich die Stimmungslage diesbezüglich ändert. Der Experte für Migrationsgeschichte von der Universität Osnabrück hatte seinen Vortrag „Flucht ohne Ende. Gewaltbedingte Migration in Europa“ getitelt.
Er erklärte, dass Frieden nicht nur „als Abwesenheit von zwischenstaatlichen Kriegen“ zu betrachten sei, sondern auch als „innergesellschaftlicher Frieden“. Diesen zu wahren und zugleich offen für Flüchtlinge zu sein, scheine immer wieder eine Herausforderung zu sein, wie sein Blick auf die deutsche Nachkriegsgeschichte zeigte. Oltmer führte den Ungarn-Aufstand 1956, in dessen Folge sich die Bundesregierung zunächst geweigert habe, Flüchtlinge aus dem Land aufzunehmen, an – mit Verweis auf die vielen deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen im Zuge des Zweiten Weltkrieges. Und auch 1980 habe sich das Land schwer getan, als es um Menschen aus dem Iran, wo die Islamische Revolution den Schah stürzte, und Polen, wo die Auseinandersetzung um die Gewerkschaft Solidarnosc tobte, ging. Zudem erinnerte der Wissenschaftler daran, dass Flucht – wie in der Ukraine zu sehen – oft in einem Land geschehe, indem Flüchtlinge keine Möglichkeit hätten, in andere Staaten auszuweichen. Denn der Ausbruch von Gewalt/Krieg „kann auch immobilisieren“ und den Menschen die finanziellen Möglichkeiten nehmen, eine Flucht überhaupt zu finanzieren.
Mit Klängen von Ludwig van Beethoven wurde das Ende der Festveranstaltung eingeleitet. Seine Ode an die Freude ist bekanntermaßen die Europahymne – und die durfte in der Gempt-Halle natürlich nicht fehlen.
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