Landrat der Region Lviv zu Gast in Lengerich
Offene Worte – stehende Ovationen
Lengerich
Hohen Besuch begrüßten am Donnerstag die Lengericher Hilfsorganisationen „Würde und Gerechtigkeit“ und „Stützpfeiler.org“, die sich auch in der Ukraine engagieren, in der Akademie Talaue. Der Bürgermeister von Sokal und Landrat der Region Lviv, Major Sergii Kasian, war gekommen, um allen Helfern und Spendern zu danken.
Vitaly Krusch musste erst einmal tief Luft holen, ehe er die an alle Unterstützer der in der Ukraine tätigen Lengericher Hilfsorganisationen „Würde und Gerechtigkeit“ und „Stützpfeiler.org“, gerichteten Dankesworte seines Vaters, Major Sergii Kasian, Bürgermeister in Sokal /Ukraine und Landrat der Region Lviv, übersetzte, die in der Feststellung gipfelte, dass die Ukrainer sich „freundschaftliche Beziehungen mit dem russischen Volk ohne Putin“ wünschten. Die Zuhörer, vornehmlich Vertreter von Vereinen und Institutionen, aber auch Privatpersonen, die die Hilfsgütertransporte der Lengericher Vereine in die Ukraine mit Spenden unterstützt hatten, quittierten diese offenen Worte mit stehenden Ovationen.
Nachdem Pfarrer Peter Kossen, Hermann und Claudia Lütkeschümer sowie Jutta Schulte ihre Hilfsorganisationen und ihre Unterstützer, darunter Landtagsmitglied Bernhard „„Felix“ von Grünberg aus Bonn, stellvertretender Vorsitzender der UNO-Flüchtlingshilfe, kurz vorgestellt hatten, berichtete zunächst Maik Menke über die abenteuerlichen Bedingungen, unter denen der dritte Hilfstransport stattgefunden hatte. Es gebe Menschen, die mit der Not Geschäfte machten, stellte der Paderborner Unternehmer fest, der jeden der bislang drei Hilfsgütertransporte in die Ukraine begleitet hatte. Für deutsche Fahrzeuge habe es in Polen gleich an drei Tankstellen keinen Sprit gegeben. Als der Konvoi in einer vierten Tankstelle Diesel tankte, musste die Rechnung bar und zu einem überhöhten Kurs beglichen werden. Menke, der bei Major Sergii Kasian privat untergebracht war, berichtete auch von beängstigenden nächtlichen Luftalarmen, die er erlebt habe und von erbärmlichen Bedingungen, unter denen Ärzte und Pflegepersonal in den kleineren Krankenhäusern arbeiten: „Eine gute Hausapotheke ist besser ausgestattet als dort manches Krankenhaus oder mancher Schockraum“, hat er festgestellt.
Neben zahlreichen Rettungswagen, von denen einige wenige gespendet wurden, das Gros aber über die Lengericher Hilfsorganisationen gekauft worden war, hatte Menke unter anderem sechs Paletten eines dringend benötigten Schilddrüsen-Medikamentes in die Ukraine gebracht.
Viele Medikamente, die unter anderem auf Initiative des Ärztlichen Direktors der Bonner Uniklinik, Professor Wolfgang Holzgreve, und seines „Chefapothekers“ Dr. Ingo Schulze, der am Empfang in der Talaue teilnahm, zur Verfügung gestellt wurden, würden zur Behandlung Verletzter benötigt. Aber auch die übrige Bevölkerung in der Ukraine, in der man auch fern der Front spüre, dass das Land im Kriegs-Modus ist, würden versorgt.
Das bestätigte Landrat Kasian, voll des Lobes über Quantität und Qualität der Medikamente, die über medizinisches Personal weiter verteilt würden. Von den acht gespendeten Rettungswagen, die an einem großen Krankenhaus stationiert sind, seien inzwischen drei zerbombt. Von den gespendeten Lebensmitteln profitierten Bedürftige, Tausende „Binnenflüchtlinge“, aber auch „unsere Jungs an der Front“, berichtete Kasian, der während des ersten Krieges zwischen Russland und der Ukraine als Arzt an der Front im Einsatz war.
Ohne die Unterstützung aus Deutschland hätte die Ukraine in dem nunmehr 100 Tage währenden Krieg, der wohl noch lange Zeit andauern werde, „nicht so tapfer durchgehalten“, bemerkte der Landrat und wurde pathetisch: „Das deutsche Volk ist uns ein Brudervolk geworden.“
„Wir sollten die Ukraine weiter unterstützen“, waren sich Hermann Lütkeschümer und Bernhard „Felix“ von Grünberg mit Maik Menke einig, der im Gespräch mit unserer Zeitung von einer „humanitären Katastrophe“ sprach und – wie auch in seinem Facebook-Blog „Sachverständiger Maik Menke“ vor der drohenden Seuchengefahr im Kriegsgebiet warnt.
Für den nächsten Hilfstransport werden vor allem haltbare Lebensmittel, am liebsten in Dosen, aber auch weitere Rettungswagen und Transportfahrzeuge gebraucht.
Die Helfer aus Lengerich, Paderborn und Bonn bedachte Major Kasian mit Urkunden und Präsenten. Die Hilfsorganisationen ihrerseits übergaben den zum Empfang erschienenen Spendern und Sponsoren Ehrenurkunden.
Startseite