Steuer- und Gebührenanpassung in 2024 wahrscheinlich
„Das betrifft wirklich jeden, der hier wohnt“
Lienen
Weil sich bei der Aufstellung des Haushalts 2023 im Hinblick auf den Haushaltsausgleich 2025 im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) Schwierigkeiten ergeben haben, kam der Rat der Gemeinde Lienen nun zu einer Sondersitzung zusammen.
Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Flüchtlingsbewegung und die Zinssteigerung bei Krediten. All diese Dinge verursachen bundesweit in den Städten und Gemeinden wahnsinnig hohe Ausgaben, auch in Lienen. Die Kostensteigerungen, beispielsweise für Waren und Dienstleistungen, Energiekosten und Zinsentwicklung belasten den Haushalt der Gemeinde, die sich seit einigen Jahren in einer finanziell schwierigen Situation befindet.
Mit Blick auf das Jahr 2025 fällt es Kämmerer Daniel Püttcher nicht leicht, eine verlässliche Prognose zur Entwicklung des Haushaltes abzugeben. Im Rahmen der ersten Sondersitzung, die am Montagabend im Haus des Gastes stattfand, stellte er den Ratsmitgliedern das komplizierte Zahlenwerk für den Haushalt 2023 vor.
Haushaltsentwurf 2023 sieht ein Defizit vor
In seiner Präsentation, die alle interessierten Bürger auf der Internetseite der Gemeinde Lienen einsehen können, zeigte Püttcher den Stand der Dinge in Sachen Haushaltsplanung 2023 auf. In einer Tabelle stellte er, wie schon bei der 14. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 13. März, die (voraussichtlichen) Jahresergebnisse 2021 bis 2026 dar. In den vorläufigen Planungen für den Haushaltsentwurf 2023 stehe man laut Püttcher nun bei einem Defizit zum Jahresende von etwa 460 000 Euro. Ohne die Isolierung der pandemie- und kriegsbedingten Haushaltsbelastung würde das geplante Jahresergebnis bei 822 900 Euro liegen. Auch in 2024 rechne man mit einem Defizit.
Nach dem Haushaltssicherungskonzept (HSK) ist der Haushaltsausgleich im Jahre 2025 spätestens wieder hergestellt. So könnte am Jahresende 2026 ein Plus von 625 600 Euro erreicht werden. Als Problem sieht Püttcher allerdings, dass die Gemeinde möglicherweise eine Zeit lang nicht imstande sein könnte, das zu erwirtschaften, was Lienen als Schuldendienst leisten muss. Die Zinslast der Kredite und die damit verbundenen Tilgungsauszahlungen werden voraussichtlich in den nächsten Jahren höher sein, als das, was die Gemeinde an Einnahmen generiert. Dadurch steigt das Überschuldungsrisiko auch nach dem HSK.
Steuer- und Gebührenerhöhungen in Lienen unvermeidbar
Die Steuersätze für die Gemeindesteuern werden für das Haushaltsjahr 2023 wie folgt festgesetzt: 1. Grundsteuer für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) auf 320 v. H. für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 530 v. H. und für die Gewerbesteuer auf 458 v. H. Sie bleiben damit auf dem Niveau von 2022. Doch ab 2024 ist mit einer Anpassung der Hebesätze zu rechnen. „Ohne Steuererhöhungen wird die Konsolidierung des Haushalts nicht mehr möglich sein“, sagt CDU-Fraktionssprecher Michael Stehr. Diese Einschätzung teilt auch sein Gegenüber. „Die grobe Richtung steht fest: Über den Daumen gepeilt sprechen wir von einer Erhöhung der Grundsteuer B um rund 40 Prozent. Das betrifft wirklich jeden, der hier in der Gemeinde wohnt, egal ob Mieter oder Eigentümer“, macht der SPD-Fraktionsvorsitzende Karsten Huneke deutlich.
Doch auch an anderer Stelle dürfte es teurer werden. Sowohl die Kanäle als auch die Kläranlage im Ort befinden sich in einem nicht mehr tragbaren Zustand. Durch die Sanierung könnte es mittelfristig zu einer Verdopplung bei der Abwassergebühren kommen. „Da haben wir echt eine extrem bittere Pille, die wir unseren Bürgerinnen und Bürgern verkaufen müssen. Da müssen wir ganz ehrlich sein“, so Huneke. „Ja, und zwar von Anfang an“, stimmt ihm Arne Strietelmeier zu. Der Bürgermeister betonte, dass die Instandsetzung des Abwassersystems alternativlos ist. Mit einem Anstieg der Gebühr rechne er ebenfalls, doch ob es tatsächlich zu einer Verdopplung komme, könne man jetzt noch nicht sagen.
Einmalzahlungen vom Bund helfen nicht
Auch das Thema Flüchtlingspolitik wurde in der Sondersitzung angerissen. Bei der Aufnahme und Unterbringung sowie bei der Integrationshilfe entstehen vor allem für kleine Kommunen wie Lienen immense Kosten. Mit Einmalhilfen, wie zuletzt beim vergangenen Flüchtlingsgipfel am 11. Mai beschlossen, versuche die Bundesregierung, die Löcher in den Haushaltskassen zu schließen. Doch diese haben laut Kämmerer Daniel Püttcher, wenn überhaupt, nur einen kurzfristigen Effekt. Planungssicherheit könne nur durch eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden.
„Wir werden immer betonen, dass wir hier in Lienen bereit sind, allen zu helfen, unabhängig von Religion und Herkunftsland. Das Problem ist, es gibt zwei Stufen: Erstens Unterbringung und Versorgung und zweitens Integration. Das Zweite wird immer schwieriger, denn die Manpower und das Geld fehlen“, erklärt Lienens Bürgermeister Arne Stritelmeier. Ob und wann weitere Hilfen vom Staat zu erwarten sind, ist unklar.
„Wenn das benötigte Geld nicht durch Zuschüsse vom Bund oder Land kommt, dann wird das in letzter Konsequenz hier in unserem Haushalt zu erwirtschaften sein. Das bedeutet auf Dauer, dass für so etwas weitere Steuern erhoben werden müssten“, erläutert Michael Stehr. Die Beratung über den Haushalt ist für die Haupt- und Finanzausschusssitzung am 22. Mai und die Beschlussfassung in der Ratssitzung am 12. Juni vorgesehen. Bis dahin wird Kämmerer Daniel Püttcher noch weitere Zahlen aufbereiten, um ein noch klareres Bild über die Finanzlage zu erhalten.
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