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Emsauen: Ärger um freilaufende Hunde und wilde Spaziergänger

Naturschutz mit Füßen getreten

Greven

Eigentlich sagt der Name alles: Naturschutzgebiet. Ist doch selbsterklärend, oder? Scheinbar nicht. Obwohl in den Emsauen reichlich Naturschutzgebiets-Schilder stehen, sogar noch nebst erklärenden Zusätzen. Doch auch das scheint nicht zu helfen, weiß ein Anwohner, der sich Sorgen um die heimische Tier- und Pflanzenwelt macht. Vor allem freilaufende Hunde würden große Schäden verursachen.

Von Peter Sauer

Der Biologe Dr. Herbert Rehms kritisiert, dass sich viele Menschen im Naturschutzgebiet Emsauen nicht an die Regeln halten, die Wege verlassen und so Rehe, Hasen oder Falken in ihren natürlichen Lebensräumen bedrohen, besonders durch freilaufende Hunde..  Foto: Peter Sauer

Das Naturschutzgebiet Emsauen ist ein großer Schatz, für Grevener und Touristen gleichermaßen, ein Idyll zum Spazierengehen, Luft- und Krafttanken. Nicht künstlich aus dem Boden gestampft, sondern im Einklang mit der heimischen Natur entstanden. „Umso ärgerlicher ist es da, wenn sich immer mehr Menschen vermehrt nicht an die Regeln halten“, kritisiert Anwohner Dr. Herbert Rehms.

Obwohl es zahlreiche Schilder gibt mit klaren Verhaltensregeln (Wege nicht verlassen, Hunde anleinen, Tiere nicht stören), werden diese regelmäßig gebrochen oder ignoriert, berichtet Rehms, der Diplombiologe von Beruf ist.

Schilder sagen im Naturschutzgebiet Emsauen deutlich, was erlaubt ist und was nicht. Eigentlich selbsterklärend. Foto: Peter Sauer

Bereits 2017 stellte er einen Bürgerantrag, „um den regelmäßigen Missbrauch der Grevener Naturschutzgebiete durch unerlaubte Nutzung als Hundefreilauf, Modellflugplatz, Motorrad Cross Strecke einzudämmen“.

Wilde Wege-Läufer

Am meisten ärgert es Herbert Rehms, dass Spaziergänger von den festen Wegen abweichen und sich im Unterholz, quer durch Wiesen und Wäldchen, eigene Wege „freitreten“. Im Laufe der vergangenen Jahre hat er immer mehr wilde Trampelpfade entdeckt. Diese Leute seien sich nicht im Klaren darüber, dass sie wichtigen Lebensraum „zum Schutz und Erhalt unserer freilebenden Tier- und Pflanzenwelt“ beschädigen. Feldhühner und Fasanen seien aufgrund der ständigen Störungen selten geworden und auch Bodenbrütern, fehlt die nötige Ruhe, um sich hier noch erfolgreich zu vermehren.

Heimische Wildtiere werden verscheucht

„Die Kiebitze sind ganz weg. Die freilaufenden Hunde stören Vögel beim Brüten oder Rehe und Feldhasen bei der Aufzucht ihres Nachwuchses. Das kann dazu führen, dass die Vögel ihre Nester aufgeben und Rehe und Hasen ihren Nachwuchs verlassen“, sagt der Biologe Rehms. „Manche Nester werden dann vielleicht auch gar nicht mehr gebaut.“ Und wie Hasen auf frei laufende Hunde reagieren, weiß er: „Wenn die von Hunden drei bis viermal am Tag aufgescheucht werden, und sie brauchen Ruhe für ihren Stoffwechsel, dann haben die Hasen die Puste weg und verenden irgendwo“. Auch hat es Rehms erlebt, dass zwei Damen den Rehen ganz nah kamen: „Für die Damen wahrscheinlich schön, für die Rehe nicht wirklich.“

Sind es eigentlich viele Hunde, die im Naturschutzgebiet stören? „Mehr als 50 Hunde gehen per Tag Gassi ohne Leine“, erwidert Rehms, „mal auch mit Frisbee und Ball, zum lauten Hin- und Her-Spielen“.

Zwei Rehe, in Ordnung, Zwei Damen abseits der Wege und viel zu nah an den Rehen - nicht in Ordnung. Foto: Dr. Herbert Rehms

Er selbst ist kein Hundehasser, ganz im Gegenteil, er hat selbst einen kleinen Münsterländer: „Ich finde es auch als Hundehalter nicht schwierig sich an die Regeln im täglichen Miteinander zu halten. Das hat auch etwas mit gegenseitiger Wertschätzung zu tun“, erklärt er.“ Das Herumtollen in den Wiesen und das Entdecken interessanter Gerüche auf dem Waldboden ist für Hunde sicherlich ein Vergnügen, aber das geht nicht wenn andere Tiere darunter leiden. In Naturschutzgebieten müssen Hunde per Gesetz das ganze Jahr über angeleint werden.

Ruhender Rehbock im Naturschutzgebiet Emsauen Foto: Dr. Herbert Rehms

Auch Heiner Bücker, Amtsleiter des Umwelt​- und Planungsamtes des Kreises Steinfurt, kennt den Ärger mit freilaufenden Hunden. „Das ist ein langjähriges Problem, dass schwer in ein nachhaltig wirksames Konzept zu kriegen ist. Unsere beiden Ranger sind für 114 Naturschutzgebiete im Kreis Steinfurt zuständig. Die können also nicht überall sein und ermahnen auch zunächst einmal nur.“ Bücker glaubt auch, dass viele Menschen gar nicht wüssten, was in Naturschutzgebieten beachten werden muss, trotz der vielfach aufgestellten Schilder.

Info- und Schaukästen sollen Abhilfe schaffen

Den Vorschlag von Herbert Rehms, etwas Aufklärungsarbeit vor Ort zu leisten, findet er gut: „Info- und Schaukästen sind in Planung.“ Für den Amtsleiter des Umwelt​- und Planungsamtes des Kreises müsse sich aber auch die Kommune um die Emsauen kümmern. „Das ist ein Naturschutzgebiet in Siedlungsnähe, da ist auch die Stadt Greven in der Verantwortung.

Voller Mülleimer im Naturschutzgebiet. Aber leider liegt der meiste Müll direkt in den Emsauen, sagt Herbert Rehms, der den wilden Müll einsammelt und mit nach Hause nimmt. Foto: Peter Sauer

Die vielfältige Pflanzenwelt mit Hainbuchen, Eschen, Weiden, Holunderhecken oder Brombeeren kann man ganz gut von den festen Wegen genießen. Das ergab auch ein Selbstversuch. Manche Gebiete an den Emsauen sind auch mit Stacheldrahtzäunen abgesperrt, was aber Spazier- und Wanderrüpel nicht abhält. „Manche Leute schneiden sich dann mit mitgebrachten Zangen oder Seitenschneidern ihre Wege. Das ist schon Vorsatz“, ärgert sich Herbert Rehms. Auch die Reaktionen der Passanten, die er direkt anspricht, verheißen nichts Gutes: Von „Ich habe nichts gewusst“ bis „Lassen sie mich in Ruhe!“ und manchem auch schon aggressivem und bedrohlichem Verhalten ist alles dabei.

Ärgernisse auch für die Landwirte

Auch die Landwirte schieben Frust, weiß Rehms zu berichten. „Maisfelder werden kaputt getreten, tollend wird mit den Hunden über den frisch eingesäten Maisacker gelaufen. Landwirte haben 2020 Hundehaufen in Kotbeutel aus Plastik in ihrer Ernte gefunden.“ Rehms schüttelt den Kopf. „Müll von anderen Menschen sammele ich hier schon regelmäßig und entsorge ihn dann zuhause.“

Auch auf den festen Wegen lauert Gefahr. Es häufen sich Klagen über Radfahrer, die zu schnell und zu rüpelhaft unterwegs sind, darunter einige E-Bike-Fahrer. Aber das ist ein anderes Thema.

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