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Q1-Literaturkurs der MKG eskaliert überzeugend in „Der Vorname“

Vom Scherz zur Schlägerei

Saerbeck

Ein hübsches Schauspiel bietet der Literaturkurs des zwölften Jahrgangs der Maximilian-Kolbe-Gesamtschule (MKG) mit seiner Inszenierung der Komödie „Der Vorname“. Die Premiere sorgte für Lacher und bekam reichlich Applaus.

Von und

So sieht´s aus nach einem anregenden Abendessen im gutbürgerlichen Haus (von links): Provokateur Vincent (Marvin Plugge) säuft weiter, seine schwangere Freundin Anna (Christin de la Hoz) kann es nicht mehr haben, Familienfreund Claude (Lennart Witt) hat sich schon eine blutige Nase geholt und die frustrierte Elisabeth (Milena Brune) hat noch eine Rechnung mit ihrem rechthaberischen Pierre (Bela Brockmann) offen. Foto: MKG

Ein hübsches Schauspiel bietet der Literaturkurs des zwölften Jahrgangs der Maximilian-Kolbe-Gesamtschule (MKG) mit seiner Inszenierung der Komödie „Der Vorname“. Die Premiere sorgte für Lacher und bekam reichlich Applaus. Die letzte Gelegenheit, diese Schuljahres-Abschlussarbeit des Kurses unter der Regie ihres Literaturlehrers Werner Engels zu sehen, ist am Freitag, 17. Juni, um 19 Uhr im kleinen Forum(Seiteneingang Richtung Grundschule).

Die Schülerinnen und Schüler liefern das dialogbetonte Kammerspiel im Salon einer französischen Familie nach sieben Monaten Probenarbeit, unter anderem in einem ganztägigen Workshop mit der Profi-Schauspielerin Anita Stenke, auf „hohem Niveau“ ab, befand Werner Engels. Und sie bleiben weder schauspielerisch noch in ihren Sprechtexten auch nur eine Pointe schuldig.

Die fünf Rollen teilt sich das Ensemble in wechselnden Besetzungen. Die Darstellenden und die dargestellten Charaktere passen durchweg gut.

Den Literaturprofessor Pierre spielen die Schüler, als säße er nicht bei Tisch, sondern auf dem hohen Ross seiner wissenschaftlichen Karriere. Der Familienpascha kommt schön rüber. In seiner Hand, die wohl nie einen Putzlappen berührte, wird das Wörterbuch zur Waffe, sein intellektueller Absolutismus kommt mitunter mit der Bewegung nur einer Augenbraue zum Ausdruck.

Bedienen lässt sich der Rechthaber von seiner Frau Elisabeth. Zusammen strahlen sie anfangs Bildungsbürgertum und heile Familienwelt aus. Später schreitet die frustrierte Französischlehrerin Kehrblech und Handbesen schwingend sehr überzeugend zur Generalabrechnung mit ihrem Mann. Opfer ihres Lebens und der aktuellen Situation, Harmoniebeauftragte mit latentem Gewaltpotenzial, frustriert und zickig: Das passte alles in Minenspiel und Körpersprache der Darstellerin.

Claude, Elisabeths Kindheitsfreund und Posaunist im Orchester, spielt durchgehend die lebende Schweiz. Jedes leise, zurückhaltende Wort, jede sparsame Geste verströmt Neutralität. Die Darsteller bringen es fertig, dass ihre Rolle zeitweise fast auf der Bühne unsichtbar wird. Natürlich holt sich ein solcher Charakter an einem Abend voller Bösartigkeiten und Sticheleien am Ende eine blutige Nase.

Und zwar von Vincent, Elisabeths Bruder, Jugendfreund von Pierre und erfolgreicher Immobilienmakler. Er kommt wunderbar breitbeinig und raumgreifend daher. Wie er von sich selbst überzeugt und eingenommen ist, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Ein bisschen Borderline.

Anna, seine schwangere Freundin, scheint die einzige Normale in der Runde zu sein, versucht es mit klarer Sachlichkeit, zeigt ihr Leiden mit präzisen Gesten.

Der titelgebende Vorname ist Adolphe. Vincent treibt einen Scherz damit zu behaupten, er wolle sein Kind so nennen. Der rasch ausufernde Streit, ob ein Kind wie Hitler heißen darf, fördert allerlei Gehässigkeiten zu Tage und Wahrheiten, die besser unausgesprochen bleiben. So zerbröseln von Szene zu Szene mehr die Bücherwände der Kulissen und mit ihnen die bürgerliche Fassade. Das Quintett auf der Bühne hält den schnellen Takt der Pointen und sorgt dafür, dass sie zünden.

Sehr schön gelingt auf mehreren Ebenen die Eskalation von der pseudointellektuellen Völlerei am marokkanischen Büfett in der ersten Hälfte zur wüsten Wein-Sauferei mit immer giftigeren Verbal- und am Ende Faustattacken im zweiten Teil.

In Deutschland erlangte das Stück durch die Verfilmung mit Christoph Maria Herbst im Jahr 2018 TV-Bekanntheit. Sein Ursprung ist die französische Theaterkomödie „Le prénom“ von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, uraufgeführt 2010.

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