Bauerschaften, Innenstädte, Gewerbegebiete
Glasfaser auf breiter Front
Steinfurt
Auf breiter Front soll Glasfaser in den nächsten Monaten und Jahren in Steinfurt verlegt werden. In den Außenbezirken ist das Projekt des schnelles Internetanschlusses am weitesten vorangekommen. Mitte April sollen die Arbeiten in den Bauerschaften beginnen. Wann es in den beiden Innenstädten losgeht, ist noch unklar. Die Deutsche Glaserfaser ist derzeit mit der Interessenabfrage beschäftigt.
Dass sich die Hollicher unterhalb ihres Wahrzeichens, der weithin sichtbaren Windmühle, nicht mehr im Tal der Ahnungslosen fühlen müssen, haben sie sich selbst zu verdanken. Vor knapp fünf Jahren knabberte eine kleine Gruppe von Hollicher Lichtleiter-Galliern – natürlich völlig legal – die große Glasfaserleitung an, die entlang der Kreisstraße liegt. Per Richtfunk holten sich dann an die 100 Höfe das schnelle Internet ins Haus. In drei Jahren sollen so gut wie alle Bewohner der Steinfurter Bauerschaften in den Genuss der Glasfasertechnik kommen. Ehe bei den Stadt-Steinfurtern der Neid hochkommt: Sie könnten noch eher dran sein, wenn die Deutsche Glasfaser, die noch bis Ende dieses Monats in beiden Stadtteilen das Interesse an Lichtleitertechnik abfragt, auf die bekannte Quote von wenigstens 40 Prozent kommt.
Nachfragebündelung
Jahrelang tat sich nichts in Sachen Breitband, jetzt überall, einschließlich der Gewerbegebiete. Logisch, dass es da Fragen über Fragen gibt, wie Debbie Kattenbeck als städtische Wirtschaftsförderin täglich feststellt. Zumal überall der Ausrüster Deutsche Glasfaser unterwegs ist, die Rahmenbedingungen aber von Gebiet zu Gebiet nicht zu vergleichen sind. Darum im folgenden der Versuch, mit geballter Experten-Unterstützung den Status quo für Steinfurt zu beschreiben.
In den sogenannten Außenbezirken ist das Projekt Glasfaser am weitesten gediehen. Dort wird die Verlegung der modernen Übertragungstechnologie von der öffentlichen Hand, die Hälfte zahlt der Bund, die andere das Land, finanziert. Rund 11,3 Millionen Euro lässt sie sich das Projekt in der Kreisstadt kosten. „Wir gehen davon aus, dass nach einer dreijährigen Bauphase alle 690 Adressen über einen Glasfaseranschluss verfügen“, nennt Debbie Kattenbeck die Zielvorgabe. Die 690 Hofstellen gelten als unterversorgt. Sie haben im Augenblick eine Internetverbindung, die nicht schneller als 30 Mbit pro Sekunde ist. „Das ist eine absolut scharfe Grenze für die Förderung“, macht Ingmar Ebhardt, der für den Kreis Steinfurt die Breitbandoffensive koordiniert, unmissverständlich klar. Wer unter dieser Grenze liegt, hat Anspruch auf einen kostenlosen Glasfaseranschluss, den die Deutsche Glasfaser bis in den Hausanschlussraum legt, sofern der Eigentümer zustimmt.
40 Prozent
Der Hausanschluss ist das eine, der Provider, der das Internet liefert, um es laienhaft auszudrücken, das andere. Ingmar Ebhardt weiß, dass die Vertriebsmitarbeiter der Kabelverleger das nicht immer sauber kommunizieren. Aber: Bei der Wahl des Anbieters ist der Kunde völlig frei. Ebhardt: „Er kann den Hausanschluss auch erst einmal liegen lassen, ohne ihn zu nutzen.“ Wer allerdings einen Provider-Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abschließe, könne ihn nach zwei Jahren kündigen. Theoretisch könne er auch einen anderen Anbieter wählen. „Oft steht aber kein anderer zur Verfügung“, weiß der Kreis-Koordinator.
Mitte nächsten Monats sollen die Bauarbeiten in den Bauerschaften beginnen, sagt Debbie Kattenbeck. „Die Trupps arbeiten sich vom Osten über den Süden nach Westen in den Norden der Stadt vor“, erläutert die Wirtschaftsförderin. Wenn alles glatt läuft, sind sie im April 2024 fertig.
Beigeordneter
Ob, wann und wer in den beiden Innenstädten einen waschechten Glasfaseranschluss bekommt, ist derzeit noch unklar, wie Michael Schell als Erster Beigeordneter der Stadt feststellt. Dass es jetzt auch die Deutsche Glasfaser ist, die sich für Borghorst wie Burgsteinfurt interessiert, ist eine unternehmerische Entscheidung, auf die die Stadt keinen Einfluss hat. Der Ausbau wird hier nicht öffentlich gefördert. Darum gibt es innerstädtische auch nur einen kostenlosen Anschluss für den Hausbesitzer, der einen Providervertrag mit der Glasfaser abschließt.
Ingmar Ebhardt hält es für sehr wahrscheinlich, dass in beiden Stadtteilen die Deutsche Glasfaser zum Zuge kommen wird. Die Interessenabfrage, korrekt Nachfragebündelung genannt, lag am Samstag bei rund 25 Prozent. Das ist für Ingmar Ebhardt zum jetzigen Zeitpunkt „ein verdammt guter Wert“.
Ob allerdings alle Quartiere in der Stadt mit der neuen Technologie versorgt werden, können die beiden Dezernenten der Stadt, Michael Schell und Hans Schröder, derzeit noch nicht sagen. Sie verhandeln gerade mit der Deutschen Glasfaser über einen Kooperationsvertrag. Darin soll unter anderem geregelt werden, ob und welche Leerrohre, die die eigenen Stadtwerke bereits verlegt haben, für die Lichtleiterkabel genutzt werden. „Wir würden uns sehr, sehr wünschen, dass wir in dieser Beziehung ins Geschäft kommen“, sagt Technischer Beigeordneter Hans Schröder. Zum einen müsste dann so manche Straße nicht aufgerissen werden. Zum anderen würden die Stadtwerke finanziell profitieren. Sie möchten ihrer Leerrohre am liebsten an die Deutsche Glasfaser vermieten.
Kabel
Auch wenn die Stadt gewissermaßen Hausherr ist, ihr Einfluss auf die Glasfaseranbieter ist begrenzt. Eine Möglichkeit sind die Aufbruchgenehmigungen, die die Deutsche Glasfaser einholen muss, bevor sie einen Bürgersteig freilegt. Liegen dort schon andere wichtige Kabel oder steht ein Baum im Weg, kann die Stadt ihr Veto einlegen. Baudezernent Hans Schröder geht davon aus, dass diese Feinplanungen untereinander abgesprochen werden.
Debbie Kattenbeck beschäftigt sich derweil schon intensiv mit den Gewerbegebieten der Stadt. Dort soll ähnlich wie in den Außenbezirken Glasfaser öffentlich gefördert verlegt werden. Welcher Anbieter in Steinfurt zum Zuge kommt, das ist noch nicht klar. Die Ausschreibung, die über den Kreis Steinfurt läuft, wird gerade vorbereitet. Sicher ist aber, so Debbie Kattenbeck, dass alle noch nicht versorgten Unternehmen in den Genuss einer kostenfreien Leitung kommen werden: „146 Adressen sind in der Förderung.“ Insgesamt gibt es rund 300 Betriebe in den im Flächennutzungsplan festgesetzten Gebieten – und nur um die geht es hier. 112 haben schon über die Stadtwerke eine schnelle Internetverbindung, 59 erhalten sie über die Förderung des Außenbereichs.
Und trotz dieser Glasfaser-Groß-Offensive in Steinfurt wird es immer noch einige, wenn auch wenige Haushalte geben, für die Internet in Lichtgeschwindigkeit vorerst ein Traum bleiben wird. Aber auch denen kann Ingmar Ebhardt Hoffnung machen. „Ein weiteres Förderprogramm ist in Vorbereitung.“ Aber wie das genau aussehen wird? Das ist eine andere Geschichte. . .
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