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19. Kreis-Begegnung über das Bedürfnis nach Sicherheit

Transparenz bildet Vertrauen

Kreis Steinfurt

Die Kriminalitätsrate bewegt sich im Kreis Steinfurt mittlerweile auf einem Zehn-Jahres-Tief, was die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, immer geringer werden lässt. Und dennoch: Immer mehr Menschen beschleicht ein Gefühl wachsender Unsicherheit. Ist die Sorge berechtigt? Oder entspringt sie einer unerklärlichen Hysterie? Antworten hat die Kreis-Begegnung am Montag in der Stadthalle Rheine geliefert.

Dirk Drunkenmölle

Aufmerksam verfolgten rund 120 Besucher in der Stadthalle Rheine die 19. Kreis-Begegnung. In der von Elke Frauns moderierten Runde haben die Professoren Dr. Ortwin Renn (kl. Bild,l.) und Dr. Bernd Blöbaum erläutert, warum das Unsicherheitsgefühl bei vielen Menschen wächst, obwohl es objektiv dazu kaum Anlass gibt. Foto: Drunkenmölle

Die Kriminalitätsrate bewegt sich im Kreis Steinfurt mittlerweile auf einem Zehn-Jahres-Tief, was die Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden, immer geringer werden lässt. Und dennoch: Immer mehr Menschen beschleicht ein Gefühl wachsender Unsicherheit. Ist die Sorge berechtigt? Oder entspringt sie einer unerklärlichen Hysterie?

Antworten hat die Kreis-Begegnung am Montag in der Stadthalle Rheine geliefert. Rund 120 Frauen und Männer aus allen Teilen des Kreises, Bürgermeister, Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und Vertreter der verschiedensten Organisationen und Vereinen waren der Einladung zur mittlerweile 19. Auflage dieser Veranstaltung des Kreises gefolgt. Diesesmal wurden nach Erklärungen für ein Phänomen gesucht, das sich offenbar immer stärker innerhalb der Gesellschaft verbreitet.

Ursachen haben Prof. Dr. Ortwin Renn, Gründungsdirektor des Zentrums für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung an der Uni Stuttgart, und Dr. Bernd Blöbaum, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Uni Münster, aufgezeigt. Beide Wissenschaftler erläuterten, wie Verunsicherung und Misstrauen wachsen, wie Glaubwürdigkeit und Vertrauen schwinden, wie Risiken auf der Grundlage (etwa dann, wenn hinter Prozent- keine absoluten Zahlen stehen) falsch eingeschätzt und Vorurteile geschürt werden können.

„Es gibt zu wenig Raum, Dinge differenziert zu betrachten“, appellierte Renn unter anderem dafür, sich gegen die bei Twitter und Google verwendeten Algorithmen zu Wehr zu setzen und die Blase platzen zu lassen, die immer mehr zu Polarisierungen und zu einer Gefahr für die Demokratie führen würden. „Wir müssen wieder lernen, miteinander zu streiten“, warb Renn dafür, gesellschaftliche Veränderungen wieder mehr zu hinterfragen, anstatt sich lediglich dem Mainstream anzuschließen.

„Vertrauen ist gut. Misstrauen auch“, verwies Bernd Blöbaum auf Untersuchungen, wer, wem heute noch wann über den Weg traut. Politik und Kirchen stünden im Verlässlichkeitsranking relativ weit unten, Justiz, Polizei, Wissenschaft und ärztliche Versorgung, und damit Institutionen, die Normen setzen, hingegen weit oben. Die von einer Daumen-hoch-Daumen-runter-Gesellschaft praktizierte, unkontrollierbare Kommunikation in Sozialen Medien würde immer mehr dazu führen, dass sich die Misstrauischen vernetzen und sich in ihren Positionen gegenseitig bestätigen. „Wir müssen nicht auf jeden Zug aufspringen“, forderte Blöbaum eine kritischere Auseinandersetzung mit Strömungen, die sich einer Schwarz-Weiß-Einteilung der Welt zu nutze machen und Ängste schüren, statt Sicherheit zu vermitteln. Hilfreich sei vielmehr der Faktencheck, wie ihn seriöser und professioneller Journalismus praktiziere.

Sowohl Blöbaum als auch Renn rieten insbesondere den Zuhörern aus der Politik und Verwaltung dazu, ihre Kommunikation mit den Bürgern zu verbessern. Dies sei ein Weg, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. „Erklären Sie, warum Sie etwas machen und warum Sie etwas nicht machen“, forderte Blöbaum dazu auf, Entscheidungen transparenter zu machen und, wenn Fehler gemacht worden sind, diese auch öffentlich einzuräumen. „Am Ende“, so war Blöbaum überzeugt, „setzen sich die besseren Argumente durch.“ „Zeigen Sie Haltung. Schaffen Sie mehr Partizipation“, fügte Renn an und plädierte dafür, Diskussionen nicht an Stamm-, sondern an Runden Tischen zu führen.

„Wir werden das Thema weiter verfolgen“, sicherte Landrat Dr. Klaus Effing am Ende der gut zweistündigen Kreis-Begegnung zu, wohlwissend, dass das Gefühl von Sicherheit in einer Region auch ein wesentlicher Teil ihrer Lebensqualität ist.

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