Ostfriedhof: Kranzniederlegung bei den Gräbern sowjetischer Zwangsarbeiter
In der Tragödie auch Signale der Hoffnung
Ahlen
Das Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkriegs stand ganz unter dem Eindruck der aktuellen Kriegsereignisse in der Ukraine. Den Auftakt machten Musik- und Wortbeiträge auf dem Ostfriedhof.
Die Bilder gingen am Sonntag um die Welt: Bei vielen Gedenkfeiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde vielerorts – auch in der Hauptstadt Berlin – auf das Ausbreiten ukrainischer Flaggen verzichtet, um angesichts der politischen Lage kein weiteres Öl in Putins Feuer zu gießen. Bei der Gedenkfeier auf dem Ahlener Ostfriedhof waren die Farben Blau und Gelb jedoch genau richtig. Schließlich befinden sich hier die Gräber von 127 sowjetischen Zwangsarbeitern, von denen ein großer Teil aus dem Gebiet der heutigen Ukraine stammten.
Stadt Ahlen, Bundeswehr und der Arbeitskreis Erinnerungsarbeit aller weiterführenden Schulen hatten am Montag ein gemeinsames Programm auf die Beine gestellt, eng begleitet durch das erst durch den Ukraine-Krieg entstandene „Bündnis für den Frieden“. 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geriet der eigentliche Anlass dieses Datums jedoch auch hier ins Hintertreffen, denn zu präsent sind allen Beteiligten – rund 80 Schüler waren am Vormittag zum Friedhof gekommen – die Bilder des aktuellen Krieges.
„In den vergangenen beiden Jahren war nicht viel möglich“, erinnerte Mitorganisator Rainer Legant nach der musikalischen Einleitung durch ein Querflöten-Solo. Umso furchtbarer sei es, dass das Gedenken ausgerechnet in diesem Jahr von so viel Leid überschattet wird. Bei der Vorbereitung habe er auf dem Gräberfeld am Ostfriedhof einen kleinen, bemalten Stein gefunden – in den Farben der Russischen Föderation und der Ukraine, versehen mit einer Friedenstaube. „Das ist nur ein kleines Zeichen, aber auch das ist wichtig“, so Legant.
„Das für unmöglich Gehaltene ist eingetreten“, formulierte es Bürgermeister Dr. Alexander Berger in seiner Ansprache. Dass sich nun ausgerechnet zwei Länder mit Waffen gegenüberstehen, die sich selbst immer als Brudervölker bezeichnet haben, sei unerträglich. „In der Tragödie erkennen wir aber auch Signale der Hoffnung“, so das Stadtoberhaupt. Dass die Völker derart geeint gegen einen Aggressor auftreten, zeige ihm, dass die oft belächelte Idee des geeinten Europa eine gute ist. Die Welt bewahre Haltung und Standfestigkeit. Und Diktaturen – das lehre der Blick in die Geschichtsbücher – seien meist an sich selbst gescheitert. „Nie zuvor hat eine Schülergeneration so sehr Freiheit, Respekt und Toleranz verkörpert wie die heutige.“
Nach einer Rezitation des bekannten Wolfgang-Borchert-Werks „Dann gibt es nur eins – sag nein“ erfolgte die Kranzniederlegung des Bürgermeisters, begleitet von zwei Schülern.
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