Debatte über Kostenentwicklung beim Stadthaus
Krieg noch gar nicht eingepreist
Ahlen
Verwaltung, Architekt und Projektsteuerer sind sich einig: Jetzt sei nicht der Zeitpunkt, um den Baubeschluss für das Stadthaus einzukassieren und die Pläne auch nur vorübergehend auf Eis zu legen, so der Tenor am Dienstag im Stadtplanungs- und Bauausschuss. Billiger werde es sicher nicht.
Geballte Fachkompetenz am Dienstag auf der voll besetzten Verwaltungsbank im Ratssaal. Architekt Professor Eckhard Gerber war persönlich mit mehreren Mitarbeitern nach Ahlen gekommen, ebenso wie Projektsteuerer Jürgen Brüning von der Assmann-Gruppe, um Auskunft über den aktuellen Stand der Planung für das Stadthaus zu geben, insbesondere die Kostenentwicklung betreffend. Nicht vor Ort, aber dafür sogar überlebensgroß auf der Leinwand zu sehen Stadtbaurat Thomas Köpp, per Videostream live aus häuslicher Isolation zugeschaltet. Bürgermeister Dr. Alexander Berger schickte Genesungswünsche ins Homeoffice.
Die Teilnahme des Verwaltungschefs an der Sitzung des Stadtplanungs- und Bauausschusses begrüßte zu Beginn Barbara Buschkamp namens der CDU ausdrücklich, verbunden mit der „dringenden Bitte“, dass Berger dies doch auch zukünftig stets „einrichten“ möge, wenn das Thema „Bürgercampus“ auf der Tagesordnung stehe. „Wir halten das für unerlässlich und wir erwarten das“, so Buschkamp.
Den ersten inhaltlichen Aufschlag übernahm Julius Ebke vom Architekturbüro Gerber, der an Hand überarbeiteter Grundrisspläne veranschaulichte, was der Verzicht auf eine Unterkellerung des Stadthauses für den Baukörper bedeutet und wo im Einzelnen die Technik- und Lagerflächen nun verortet werden sollen, und zwar sowohl über die Büroetagen verteilt wie auf dem Dach, was eine Verkleinerung der Terrasse nach sich zieht. Das Raumprogramm, so Ebke, könne so auch ohne Untergeschoss umgesetzt werden, dabei bleibe der Charakter des Gebäudes, einschließlich des Foyers, erhalten.
Artmann spricht von „Zahlentricksereien“
Der Leiter des Zentralen Gebäudemanagements der Stadt (ZGM), Florian Schmeing, erläuterte die aktuelle Kostenberechnung, wonach die reinen Baukosten für das Stadthaus (wie berichtet) um 5,6 Millionen auf 42,42 Millionen Euro brutto steigen. Darin nicht enthalten sind die anteiligen Kosten für die Erstellung der Außenanlagen und den Rückbau des heutigen Rathauses, die bei der Festlegung der Kostenobergrenze von 44 Millionen Euro durch den Rat am 4. November 2021 noch mit 3,8 beziehungsweise 3,3 Millionen Euro inkludiert waren. Sie jetzt an dieser Stelle herauszurechnen und mit den anteiligen Kosten für das Bürgerforum (Stadthalle) in separaten Teilprojekten zusammen zu veranschlagen, diene einer übersichtlicheren Zuordnung der Kosten auf die einzelnen Bestandteile des Gesamtprojekts „Bürgercampus“ und damit der Vermeidung von „Irritationen“, die es in der Vergangenheit gegeben habe, so Schmeing. Was der ZGM-Leiter „transformierte Kostenstruktur“ nennt, bezeichnete Heinrich Artmann, Vorsitzender der Freien Wählergemeinschaft (FWG), als „Zahlentricksereien“. Auch Grünen-Fraktionschefin Petra Pähler-Paul stellte fest: „Die Kostenobergrenze ist gerissen. Damit ist der Baubeschluss hinfällig.“
Aus Sicht der Verwaltung ist jetzt jedoch nicht der Zeitpunkt, Beschlüsse über den Haufen zu werfen. Darum präsentierte sie auch nur eine Mitteilungsvorlage, was Pähler-Paul als „nicht zulässig“ kritisiert hatte. Bürgermeister Dr. Alexander Berger erwiderte: „Wir bewegen uns in dem Rahmen, den der Rat uns gesteckt hat.“
ZGM-Leiter Florian Schmeing
Florian Schmeing argumentierte, mit den Planungen wieder bei Null anzufangen, würde das Projekt nicht nur um Jahre zurückwerfen, sondern auch nur noch weiter verteuern. Man müsse von einer jährlichen Baupreissteigerung um 3,6 Millionen Euro ausgehen. Die Fördermittel wären bei einem Projektstopp ebenso verloren wie circa 2,2 Millionen für bereits erbrachte Architekten- und Ingenieurleistungen. Außerdem, so Schmeing: „Es gibt keinen Plan B oder C, der in der Schublade liegt.“ Die Verwaltung plädiere daher dafür, erst mal weiterzumachen und im Herbst die Rohbaugewerke zur Herstellung der „wetterfesten Hülle“ auszuschreiben: „Wir wollen den tatsächlichen Marktpreis ermitteln, um zu sehen, wo wir landen.“
Barbara Breitenbach, Direktorin für Kosten- und Baumanagement bei Gerber, ließ die Ausschussmitglieder mit der Klarstellung aufhorchen, dass in der jüngsten Kostenberechnung vom April die Effekte des Ukraine-Krieges noch nicht eingepreist seien. Dessen Auswirkungen seien momentan überhaupt nicht absehbar. „Um Kostensicherheit zu bekommen“, pflichtete Breitenbach Florian Schmeing bei, „müssen wir in die Ausschreibungsphase gehen.“ Sicher sei nur: „Es wird nichts günstiger.“ Wenn man Glück habe, stagniere die Preisentwicklung bestenfalls.
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