Provinz-Theaterfestival
Romeo als Umweltaktivist
Ahlen
Gewusel am Filmset und ein schmachtender Romeo in vielerlei Gestalt: Die Stücke, die die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler beim Provinz-Theaterfestival auf die Bühne brachten, waren zum Schreien komisch.
Wo gibt es das sonst, Theater im Doppelpack? In diesen Genuss kamen am Samstagabend die Besucherinnen und Besucher im Bürgerzentrum Schuhfabrik, wo die Premiere des Provinz-Theaterfestivals stattfand. Dazu hatte die Theatergruppe der Schuhfabrik, unterstützt durch vier Mitwirkende der Alten Post in Oelde, mit Romeo und Julia einen Klassiker ausgegraben, während die Beckumer mit „Willkommen in Mollywood“ ein eigenes Stück auf die Bühne brachten.
Maulende Truppe
Als Vorlage dienten Letzteren, die als erste ran mussten, bekannte Streifen der Filmgeschichte wie zum Beispiel „Titanic“. Aber auch Vampire, Piraten und andere seltsame Gestalten, die es zu Filmruhm gebracht haben, bevölkerten die Bühne, auf Trab gebracht von einer Regisseurin, die ihre wegen schlechter Bezahlung maulende Schauspieltruppe immer antreiben musste. Die schnell wechselnden Szenen verlangten auch der Regieassistentin alles ab, die mit der Klappe und der richtigen Nummerierung der Takes nicht hinterherkam. Nicht weniger rasant der Outfitwechsel der jungen Akteurinnen und Akteure, deren bravouröse Leistung vom Publikum wohlwollend mit Beifall honoriert wurde.
Ihre Liebesgeschichte stand früher auf dem Lehrplan aller höheren Klassen. Aber so viel Klassik wollten die Ahlener und Oelder sich selbst und ihrem Publikum nicht antun, und beschränkten sich in ihrem Stück mit dem Titel „Balkon der Liebenden“ auf eine kurze Szene, in der Julia ihren Romeo auf dem Balkon erwartet – mal schmachtend, mal abwartend cool. Mal musste sich ihr Romeo über eine Mauer und dichtes Gestrüpp in den Garten quälen, um seiner Angebeteten altmodisch den Hof zu machen, mal kam er als Umweltaktivist, der sich gerade festgeklebt oder in Lützerath demonstriert hatte oder als Seppl mit bayerischem Idiom, der um die Hand der Herzallerliebsten aus dem „Pott“ anhält. Zum Schreien komisch. Entsprechend stürmisch fiel der Beifall für die Akteurinnen und Akteure aus, zumal eine Passage auch in bestem Shakespeare-Englisch zitiert wurde.
Das Jugendtheaterfestival Provinz zeigt, dass die kulturelle Zusammenarbeit auch über Stadt- und Gemeindegrenzen hinaus funktionieren kann. Ein Leuchtturmprojekt!
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