Reiter kritisieren Ärztekammer
„Das grenzt an Wucher und gefährdet den Tierschutz“
Kreis Warendorf
Das Problem entzündet sich an der neuen Gebührenverordnung für Tierärzte. Dabei ist die nicht das eigentliche Problem, sondern die Auslegung durch die Tierärztekammer.
Die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) abgenommen wurde, ist nicht das Problem. Nach über 20 Jahren kam sie auch nicht plötzlich. Unglücklich sind davon Betroffene vielmehr über die Auslegungen der Bundestierärztekammer (BTK). Diese schreibt zum Teil das Abrechnen von Hausbesuchsgebühren und doppelten Sätzen vor. Bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und dem Deutschen Olympiade-Komitee für die Reiterei (DOKR) herrscht dazu großes Unverständnis.
Um sich diesbezüglich auszutauschen, besuchte die Bundestagsabgeordnete Dr. Anne Monika Spallek (B90/Die Grünen), selbst Betreiberin eines Pferdehofs in Billerbeck, die „Stadt der Pferde“. Soenke Lauterbach, Generalsekretär und Vorsitzender des Vorstandes der FN, Dr. Klaus Miesner, Geschäftsführer Zucht und Mitglied des FN Vorstandes, und die Veterinärmedizinerinnen Dr. Henrike Lagershausen und Dr. Enrica Zumnorde-Mertens machten deutlich, dass das BMEL die Auslegungen der BTK nochmal genauestens prüfen sollte.
Kritik an Auslegung durch die Tierärztekammer
Neu ist auch, dass nach Auslegung der BTK jetzt bei der Behandlung eines Pferdes immer eine Hausbesuchsgebühr von 34,50 Euro je Besitzer zusätzlich zum bisherigen Wegegeld von 3,40 Euro zu erheben ist. Impft beispielsweise ein Tierarzt bei einem Stallbesuch 30 Pferde verschiedener Besitzer, könnte das jetzt – über die Impfgebühr hinaus - bis zu 1000 Euro zusätzliche Einnahmen bedeuten, denn eine anteilige Berechnung wie beim Wegegeld ist bei der Hausbesuchsgebühr laut BTK nicht vorgesehen.
„Das will kein Tierarzt so abrechnen, weil das an Wucher grenzt“, wird Dr. Klaus Miesner in einer Pressemitteilung des Wahlkreisbüros von Anne Monika Spallek zitiert. „Sie wollen sich keine „Leistungen“ bezahlen lassen, die keine sind. Eine Bestandsimpfung von 30 Rindern ist ähnlich aufwändig, bedeutet aber einen Unterschied von 1000 Euro Einnahmen, weil keine Hausbesuchsgebühr anfällt. Das versteht doch niemand mehr.“
„Warum wird ein Tierarzt laut Auslegung der BTK gezwungen, bei einem geplanten Termin wie einem Reitturnier den zweifachen Satz abzurechnen?“, nennt Soenke Lauterbach eine von vielen offenen Fragen. „Gerade die kleineren ehrenamtlich organisierten Vereinsturniere wären davon besonders betroffen. Alteingesessene Tierärzte, die seit 30 Jahren die Turniere begleiten, haben uns gefragt, ob sie sich strafbar machen, wenn sie anders handeln.“
Ehrenamtlich organisierte Vereinsturniere hart getroffen
Das alles bekam auch Dr. Anne Monika Spallek in Gesprächen mit Tierärzten zurück gespiegelt: „Sie fragen sich auch, ob nicht die Abrechnung der Hausbesuchsgebühr eine verbotene Doppelberechnung sei. Denn nach Paragraph 10 GOT sind im Wegegeld bereits alle durch den Besuch bedingten Mehrkosten abgegolten.“
Die zusätzliche Hausbesuchsgebühr gefährdet auch den Tierschutz. Zudem geht der Anreiz verloren, dass sich mehrere Pferdebesitzer an einem Stall einen Termin teilen und es darüber effizienter für alle wird. Es gab auch bereits Rückmeldungen aus Tierarztpraxen, dass ihre Parkplätze nicht mehr ausreichend seien, weil mehr Pferdehalter zu ihnen kommen, um die Hausbesuchsgebühr zu sparen.
„Das widerspricht alles dem Tier-, dem Klima- und Umweltschutz. Zudem besteht die Gefahr, dass Tierärzte, die landwirtschaftliche Betriebe betreuen, künftig lieber Privatpferde behandeln, weil das wesentlich lukrativer ist“, brachte Dr. Anne Monika Spallek die Problematik auf den Punkt. „In der Kommentierung der BTK muss festgelegt werden, dass Tierärzte bezüglich der Abrechnung eigenverantwortlicher handeln dürfen und dafür werde ich mich in Berlin stark machen.“
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