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Ausbau B 64 und B 51

„Das sind Taschenspieler-Tricks“

Warendorf

Das war erst der Auftakt: Die Gegner des Straßenausbaus von B 64 und B 51 machen weiter mobil. Denn sie sind keineswegs der Meinung, dass der „autobahnähnlich“ geplante Ausbau in trockenen Tüchern ist.

Beate Kopmann

Ein Bürger aus Telgte verweist auf die zurückgehende Verkehrsentwicklung. Foto: Joachim Edler

„Die Zahlen, die wir heute Abend gehört haben, führen das ganze Projekt ad absurdum“, zog Karsten Birkemeier (Naturfreunde Beelen) nach einer zweieinhalbstündigen Diskussion Bilanz.

Unter der Fragestellung „Bundesfernstraße B 64n/B 51 – für die Region oder über die Region hinweg?“hatten die fünf Bürgerinitiativen Kulturlandschaft Sundern-Samtholz-Brock (Herzebrock-Clarholz), Naturfreunde für Beelen, Interessengemeinschaft Warendorf-Süd (IWS), Bürgerinitiative Verkehrskonzept Warendorf (BVW) und Bürgerinitiative B 51 Telgte zur Diskussion mit Bundestagskandidaten eingeladen. Die Kandidaten von CDU und FDP (Ausbau-Befürworter) hatten allerdings abgesagt, der Vertreter der Linken war kurzfristig nicht erschienen.

Jörg Pastoor, Redaktionsleiter der Westfälischen Nachrichten in Warendorf, moderierte das Gespräch, dem sich die Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) und Maria Klein-Schmeink (Grüne) sowie der Bundestagskandidat Paulo da Silva (Die Partei) stellten. Auch einige der rund 250 Gäste, die der Einladung in das Haus Allendorf gefolgt waren, beteiligten sich engagiert an der Diskussion.

Hermann-Josef Schulze-Zumloh

Daldrup machte deutlich, dass es immer noch die Möglichkeit gebe, „in das Projekt hineinzugrätschen“. Daran arbeiten die Initiativen. Sie sind der Meinung, dass bei den Zahlen, die dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) zugrunde liegen, mit Taschenspieler-Tricks gearbeitet wurde. Das fängt beim Flächenverbrauch an, den der BVWP mit 86 Hektar angibt. Das Gutachten, auf das sich die Ausbaugegner stützen, geht dagegen von 500 Hektar aus. Hermann-Josef Schulze-Zumloh spricht von einem Systemfehler. „Die Einbußen, die die Landwirtschaft wegen der Einnahmeverluste hat, wurden in die Berechnungen gar nicht einbezogen.“ Der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, der von den Ausbauplänen selbst betroffen ist, forderte deswegen ein „Agrarstruktur-Gutachten“. Er wies außerdem darauf hin, dass der EU-Artenschutz noch gar nicht berechnet sei. „49 planungsrelevante Arten kommen noch on top“, so Schulze-Zumloh.

Maria Klein-Schmeink (Grüne) betonte, dass die Anwohner mit den Folgen von Lärm und Abgasen allein gelassen würden.

Karsten Birkemeier

Ein Bürger aus Telgte machte deutlich, der Verkehr werde allein wegen der demografischen Entwicklung abnehmen. Dass schon jetzt weniger Autos auf der B 64 unterwegs sind, belegen Zählungen. Danach ist der Kfz-Verkehr deutlich gesunken. In Beelen sind es 9000 Fahrzeuge täglich. Kommt die B 64n, soll diese Zahl aber auf 21 000 steigen.

Reinhold Schoppmann (Warendorf) betonte, dass seit 30 Jahren über die B 64 diskutiert werde. „Mit dem Wissen von heute brauchen wir diese Straße nicht mehr. Sie nützt wenigen und schadet vielen.“

Wenig verwundert reagierten die Bürger auf die Information, dass die 39 000 Einwendungen gegen den Bundesverkehrswegeplan in nur drei Monaten vom Ministerium abgearbeitet worden sein sollen. Für viele war das die Bestätigung dafür, „dass bei den Nutzen jede Minute hochgerechnet und bei den Kosten die Fakten ignoriert wurden“.

So sei beispielsweise die parallel verlaufende Bahnstrecke als Entlastungsfaktor nicht aufgeführt, hob Thomas Lins aus Warendorf hervor, „nur weil es keine Fernstrecke ist“. Auch der bevorstehende Lückenschluss bei der A 33 werde enorme Auswirkungen haben. „Dann braucht man nur fünf bis sechs Minuten länger, hat aber den Ausbauzustand einer Autobahn“, betonte Berkemeier.

Monika Rode von der Bürgerinitiative B 51 Telgte appellierte an die Anwesenden, sich genau anzusehen, wie der eigene Ort durch die Ausbaupläne verändert werden würde.

Josef Böse aus Warendorf verwies auf das acht Meter hohe Brückenwerk, das an der Freckenhorster Straße gebaut werden soll („ohne jeden Lärmschutz“). Sein Rat: das Projekt von drei- auf zweispurig runterfahren und statt der Brücke ein Kreisverkehr. Paulo da Silva (Die Partei) nahm diese Äußerung zum Anlass, um dafür zu werben, dass man in der Politik eben doch Visionen brauche.

Daldrup erinnerte an die besondere Rolle, welche die Gemeinde Beelen noch einnehmen könnte. Dort hatte der Rat sich zuletzt gegen den dreispurigen Ausbau der B 64 ausgesprochen. Und der Landesbetrieb Straßenbau habe in der Vergangenheit immer betont, nirgendwo zu bauen, wo sich die Leute nicht einig sind.

Apropos einig: Dies waren sich die Podiumsteilnehmer und Gäste darin, dass man „nicht in Grabenkämpfen“ enden will. Vor diesem Hintergrund bedauerten viele Gäste, dass die Vertreter von CDU, FDP und auch der IHK an der Diskussion nicht teilgenommen haben.

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